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Streit um Fischhack-VerstromungEs ist noch nicht vorbei

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist der Rechtsstreit ums Kohlekraftwerk Moorburg nicht zu Ende. Der BUND hofft nun auf eine eigene Klage

Widerstand seit 2008: Das Fähnlein des Protests hält sich noch heute wacker im Wind Foto: Marcus Brandt (dpa)

HAMBURG taz | Der Streit über das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg ist noch nicht vorbei. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hofft, dass die Rüge, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch dem Hamburger Senat erteilt hat, Folgen für die nationale Rechtsprechung haben wird. Dadurch könnte der Betrieb des Kohlekraftwerks – ganz im Sinne der Umweltschützer – unrentabel werden. Zugleich schlägt das Urteil einen Bogen zum Beginn des Genehmigungsverfahrens, indem es die ursprüngliche, zwischenzeitlich aufgegebene Rechtsposition der Umweltbehörde bestätigt.

Der EuGH ist zu dem Schluss gekommen, dass der schwarz-grüne Senat bei der Genehmigung des Kraftwerks 2008 dessen Umweltverträglichkeit nicht ausreichend geprüft habe. Dazu wäre er nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU aber verpflichtet gewesen. Als Konsequenz hat der aktuelle rot-grüne Senat jetzt verfügt, dass das Kraftwerk vorerst nur mit seinem eigentlich für Ausnahmetage gebauten Kühlturm betrieben werden darf. Das setzt die Effizienz herab und damit auch die Wirtschaftlichkeit für den Betreiber Vattenfall.

„Im Grundsatz sind wir mit dem Urteil zufrieden“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch der taz. „Es zeigt, dass die Genehmigung mit Bezug auf das europäische Wasserrecht und die FFH-Richtlinie hätte versagt werden können.“ Der BUND hatte sich 2010 über die Genehmigung in Brüssel beschwert und damit die Klage der EU-Kommission ausgelöst.

Darüber hinaus hat der BUND vor dem Oberverwaltungsgericht 2013 ein Urteil erstritten, das Vattenfall zur Nutzung des Kühlturms zwang. Stattdessen eine Laufwasserkühlung mit bis zu 64 Kubikmeter Elbwasser pro Sekunde zu nutzen, sei unzulässig. Denn das erhöhe die Temperatur des Elbwassers, wodurch dessen Sauerstoffgehalt sinke. Den Zustand eines Gewässers zu verschlechtern, sei nach geltendem Recht aber nicht zulässig.

Vattenfall und der Senat gingen gegen dieses Urteil in Revision. Ein Versuch des BUND, das Verbot der Laufwasserkühlung per Eilantrag durchzusetzen, wies das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ab. Dort ist das Hauptsacheverfahren immer noch anhängig. Nachdem der EuGH mit dem aktuellen Urteil sowie den Urteilen zur Elbe- und Weservertiefung in ähnlichen Fällen die Richtung vorgegeben habe, werde das Bundesverwaltungsgericht jetzt wohl auch bald über die Revision der BUND-Klage urteilen, hofft BUND-Geschäftsführer Braasch.

Im Zentrum des aktuellen EuGH-Urteils steht eine moderne Fischtreppe oberhalb des Kraftwerks, die es ermöglichen soll, dass mehr Fische als bisher ihr Laichgebiet – ein FFH-Gebiet – oberhalb des Stauwehrs in Geesthacht erreichen. Damit sollen die Fischverluste in der Laufwasserkühlung des Kraftwerks Moorburg zumindest ausgeglichen werden.

Da es die Treppe zum Zeitpunkt der Genehmigung 2008 noch gar nicht gab, habe der Senat auch nicht wissen können, ob dieser Plan aufgehe, urteilte der EuGH. Und selbst wenn die Treppe funktioniere, komme sie nur Fischen zugute, die es am Kraftwerk vorbei zum Oberlauf schafften.

Überdies hätte der Senat bei der Verträglichkeitsprüfung das alte Pumpspeicherkraftwerk bei Geesthacht einbeziehen müssen, das den Fischen ebenfalls schaden könnte. Zu bewerten wäre der Effekt beider Anlagen – des Steinkohlekraftwerks und des Pumpspeicherkraftwerks – unterm Strich.

„Es ist davon auszugehen, dass eine neue Verträglichkeitsprüfung unter Beachtung der Anforderungen des EuGH durchzuführen ist“, kommentierte Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Dabei werde zu berücksichtigen sein, dass die Elbe und die Fische im tatsächlichen Kraftwerksbetrieb weniger gelitten hätten als erwartet. Das liege daran, dass die Fische vor dem Eingang der Laufwasserkühlung verscheucht werden und dass an warmen Tagen bereits der Kühlturm genutzt worden sei.

Kerstan wies auch darauf hin, dass mit dem Urteil die Rechtsposition seiner grünen Amtsvorgängerin Anja Hajduk „im Ergebnis bestätigt“ worden sei. Senatorin Hajduk hatte die Fischtreppe als Ausgleichsmaßnahme betrachtet. Unter dieser Voraussetzung hätten die Folgen des Kraftwerksbaus für die Fischpopulation mit Blick auf die FFH-Richtlinie anders betrachtet werden müssen.

Die Behörde ließ sich jedoch von Schadenersatzdrohungen des Kraftwerksbetreibers Vattenfall kirre machen. Vattenfall war wegen Verzögerungen bei der Genehmigung vor Gericht gezogen. Im August 2008 erließ das Oberverwaltungsgericht einen Hinweisbeschluss, demzufolge die Fischtreppe als Schadenminderungsmaßnahme zu verstehen war: Sie werde wohl verhindern, dass das stromaufwärts liegende FFH-Gebiet beeinträchtigt wird. Der EuGH sieht das anders.

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