: „Armut hängt mit dem Zugang zu Land zusammen“
LANDWIRTSCHAFT Seit dem 1. Mai prüft der UN-Menschenrechtsrat die Lage in Ecuador
Fian ist eine Menschenrechtsorganisation, die sich gegen Hunger und für das Recht auf Nahrung einsetzt. Sie hat Sektionen zum Beispiel in Deutschland und in Ecuador
Asomac (kurz für: Asociación de Montubios Autónomos de Colimes) ist eine Bauerngemeinschaft aus Ecuador. 120 Familien haben den Verband 2005 gegründet, um gemeinsam Land zu kaufen und zu bewirtschaften.
Fian begleitet Asomac seit mehreren Jahren. Nach Angaben der NGO führte eine „ungerechte Umsetzung der Landreform“ bei Asomac zu Verschuldung und Zwangsvertreibungen.
taz: Herr Carpio Cedeño, Sie wurden selbst von Ihrem Land vertrieben. Wie kam es dazu?
Carlos Carpio Cedeño: Ich gehöre zur Bauerngemeinschaft Asomac. Seit 2004 haben wir auf einem Grundstück gelebt, das uns das Landwirtschaftsministerium 2009 auch offiziell zugesprochen hat. Asomac hat dann weiter in das Land investiert und es bestellt. Aber 2012 wurden große Teile des Landtitels im Rahmen einer Landreform an zwei weitere Bauerngemeinden vergeben. Dabei erfordert die Reform eigentlich, dass man mindestens fünf Jahre auf dem Land gelebt und es kultiviert haben muss, um es zugeteilt zu bekommen. Das ist bei den anderen Gemeinden nicht der Fall.
Frau Puebla, worum geht es bei dieser Landreform?
Mónica Vera Puebla: 82 Prozent der Haushalte, die Landwirtschaft betreiben, besitzen kein eigenes Land. 2010 hat das ecuadorianische Landwirtschaftsministerium deshalb den Plan „Tierras“ ins Leben gerufen. Der bäuerlichen Bevölkerung wurde Land versprochen. Dadurch hätte sich die Lage eigentlich verbessern müssen. Doch von den 82 Prozent haben nur 3 Prozent Land zugewiesen bekommen. Manchmal haben die Behörden dasselbe Land an mehrere Gemeinschaften gegeben, was zu Konflikten und sogar zu staatlich unterstützten Vertreibungen geführt hat.
Wie kommt es dazu, dass mehreren Gemeinden dasselbe Land zugesprochen wird?
Mónica Vera Puebla:Das hat verschiedene Gründe. Einige bäuerliche Basisgruppen stehen der Regierung näher als andere. Es gibt aber auch behördliche Probleme. Oft mangelt es an transparenter Information darüber, welche Ländereien verteilt werden können und welche bereits besetzt sind. Das darf aber keine Entschuldigung sein. Es ist die Aufgabe des Staates, sich diese Information zu beschaffen.
Herr Carpio Cedeño, wie haben Sie sich gewehrt?
Wir haben gegen die falsche Landvergabe geklagt und das Verfahren gewonnen, aber dann hat das Landwirtschaftsministerium Berufung eingelegt. Das Urteil steht derzeit noch aus. Im September 2015 wurden wir trotzdem von unserem Land vertrieben, dabei wurden 200 Hektar Reisanbau zerstört. Jetzt hat Asomac keinen Zugang zu Wasser mehr. In Ecuador ist es nicht möglich, mit den zuständigen Behörden zu reden. Deshalb bitten wir darum, dass der Dialog auf internationaler Ebene geführt wird.
Interview Merle Groneweg
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