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Hinterhältiges Attentat tötet mehr als 120 Menschen

SyrienSelbstmordattentäter attackiert Busse mit evakuierten Syrern. Niemand bekennt sich zur Tat

Der Selbstmordattentäter saß am Steuer eines Hilfstransports

RASCHIDIN afp/dpa | Ein verheerender Bombenanschlag auf Vertriebene in Syrien mit vielen Kindern als Opfer hat weltweit Entsetzen und Wut ausgelöst. Bei dem Anschlag starben mindestens 128 Menschen, darunter 68 Jungen und Mädchen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte. „Nach sechs Jahren Krieg und Gemetzel in Syrien ist das ein neuer Horror, der das Herz eines jeden bricht, der eins hat“, sagte der Direktor des Kinderhilfswerks Unicef, Anthony Lake. Das US-Außenministerium sprach von einer „barbarischen Attacke“. Auch das Auswärtige Amt verurteilte den Anschlag.

Die Autobombe war am Samstag westlich der Großstadt Aleppo explodiert, wo Busse mit rund 5.000 Vertriebenen auf ihre Weiterfahrt warteten. Zunächst war unklar, wer für das Attentat in dem von Rebellen kontrollierten Ort al-Raschidin verantwortlich war. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach von einem Anschlag von „Terroristen“. Oppositionsaktivsten beschuldigten hingegen Regierungsanhänger, hinter der Bombe zu stecken. Rebellengruppen wiesen jede Schuld von sich und verurteilten die Tat.

„Ich wusste nicht, was geschah, ich hörte nur schreiende Menschen“, sagte Maisa al-Aswad, die mit ihren beiden Kindern in einem der attackierten Busse saß. „Ich habe nur gedacht, wie wir all die Todesgefahren der letzten Jahre überstehen konnten – und dann beinahe umgekommen wären, nachdem wir endlich flüchten konnten.“ Die 30-Jährige zählte zu den rund 5.000 Menschen, die mit Bussen aus den regierungstreuen Städten Fua und Kafraja herausgeholt worden waren, um in Sicherheit gebracht zu werden.

Der Buskonvoi stand am Samstag in der von Aufständischen kontrollierten Ortschaft Raschidin, als der Attentäter einen Transporter in die Luft jagte. Die Verwüstungen durch den Anschlag wurden offenbar noch verstärkt, weil eine nahe gelegene Tankstelle ebenfalls in Brand geriet. Die Beobachtungsstelle sprach am Montag von 126 Toten, darunter 109 Flüchtlinge aus Fua und Kafraja.

Mehr als zwei Jahre lang wurden die in der Provinz Idlib liegenden Städte Fua und Kafraja von Rebellen belagert. Nach einer Vereinbarung zwischen Regierung und Rebellen konnten die Zivilisten und Kämpfer am Freitag mit Bussen ihre umzingelten Heimatorte verlassen. Die 75 Busse wurden in Raschidin westlich von Aleppo aufgehalten. Der Selbstmordattentäter saß am Steuer eines Transporters mit Hilfsgütern.

Die Zahlenangaben zu den Opfern des Anschlags stammen von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf ein Netz von Informanten in Syrien stützt. Von unabhängiger Seite sind ihre Angaben nur schwer zu überprüfen.

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