: Bundesgerichtshof erschwert Eigenbedarfskündigung
MIETRECHT Die rein beruflich motivierte Kündigung einer Mietwohnung ist künftig kaum möglich
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Eigenbedarfskündigung zu beruflichen Zwecken erschwert. Das Urteil betraf eine Mietwohnung in Charlottenburg. Die Vermieterin hatte ein größeres Haus 2008 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Ihr Ehemann betreibt im ersten Stock des Vorderhauses ein Beratungsunternehmen. Dort wurde der Platz allerdings zu eng. Die Akten stapelten sich bereits bis unter die Decke. Die Vermieterin kam deshalb auf die Idee, dass ihr Mann eine andere Wohnung im Haus nutzen könne, um dort einen weiteren Arbeitsplatz und ein Archiv einzurichten. In dieser Zweizimmerwohnung wohnte zwar schon seit 1977 ein älterer Mann, doch die Vermieterin kündigte wegen Eigenbedarf.
Die Berliner Gerichte akzeptierten zwar den Eigenbedarf. Die Kündigung scheiterte aber an spezifischen Berliner Vorschriften gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum.
Der BGH änderte nun jedoch seine Vorgaben zur beruflich motivieren Eigenbedarfskündigung und hielt im Ergebnis schon die Eigenbedarfskündigung für unzulässig. Auf die Berliner Vorschriften zur Zweckentfremdung kam es daher nicht mehr an.
Bisher akzeptierte der BGH jeden beruflich motivierten Eigenbedarf und stellte ihn Fällen gleich, bei denen der Vermieter eine vermietete Wohnung für eigene Wohnzwecke oder als Wohnung für Verwandte benötigt.
Nun korrigierte der BGH seine Rechtsprechung. Bei beruflich oder gewerblich motiviertem Eigenbedarf muss künftig differenziert werden. Wenn die benötigte Wohnung zugleich privat und beruflich genutzt werden soll, steht dies einer reinen Wohnnutzung nahe. Hier kann ein bestehendes Mietverhältnis gekündigt werden, wenn der Vermieter oder seine Angehörigen sonst einen irgendwie relevanten Nachteil hätten. Dies gilt etwa, wenn der Sohn der Vermieterin in der Wohnung zugleich wohnen und als freier Journalist oder Webdesigner arbeiten will.
Wenn die benötigte Wohnung dagegen rein beruflich oder gewerblich genutzt werden soll, dann muss schon ein Nachteil von „einigem Gewicht“ geltend gemacht werden, zum Beispiel, dass sich die geschäftliche Tätigkeit sonst nicht mehr rentiert.
Im Charlottenburger Fall sah der BGH keinen großen Nachteil für die Vermieterin und ihren Ehemann. Die alten Akten müsse er nicht im selben Haus unterbringen. Hier könnten auch „etwas entfernter liegende Räumlichkeiten“ genügen. Die Kündigung des langjährigen Mieters war deshalb unzulässig. Christian Rath
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