Stefan Reinecke über Koalitionsausschuss und Große Koalition: Markig im Kleingedruckten
Die Union hat sich im Koalitionsausschuss bei der inneren Sicherheit durchgesetzt, die SPD ist bei Gerechtigkeitsthemen leer ausgegangen: So kann man es zusammenfassen. Die Ergebnisse sind eher kleinteilig – und das ist kein Wunder. Der Bundestag tagt vor der Wahl im Herbst noch fünf Wochen. Das ist für kühne Gesetzesprojekte zu knapp. Es spricht ja auch wenig dafür, hektisch am Ende der Regierungszeit zu tun, was man drei Jahre lang nicht für nötig befand.
Die SPD will Ehe für alle, Begrenzung von Managergehältern und Rückkehrrecht in Vollzeitjobs – die Union blockt ab. Das ist für die SPD keine richtig schlimme Nachricht. Martin Schulz braucht Gerechtigkeitsthemen, die Unterschiede zur Union markieren. Managergehälter und mehr Rechte für Arbeiternehmer passen da genau.
Nun zum Kleingedruckten: Die Kontrollmöglichkeiten gegen Asylbewerber, die mehrfach Sozialleistungen beziehen, werden erweitert. Wie das die Alltagspraxis verändert, wird man sehen. Mehr Abschiebungen, wie es die Union wollte, wird es dank SPD-Einspruch nicht geben. Einbruchdiebstahl bedeutet künftig hingegen mindestens ein Jahr Haft. Die SPD wollte nur sechs Monate, was angemessener ist. Doch härtere Strafen wirken ja immer markig. Bei Einbrüchen sind allerdings nicht zu milde Urteile das Problem. Die Aufklärungsquote liegt unter 20 Prozent. Daran ändert auch das verschärfte Gesetz, auf das die Union sehr stolz ist, wenig.
Die SPD hat nachgegeben, weil sie offene Flanken bei der inneren Sicherheit fürchtet – getreu dem Motto: Was man jetzt beschließt, wird im Wahlkampf nicht mehr gegen uns verwendet. Das kann täuschen. Die Union, die die Lücke rechts von sich schließen will, wird versuchen, soziale Sicherheit als innere Sicherheit zu codieren. Womöglich ist dies das trübe Vorspiel eines Wahlkampfs, in dem die Union auf Härte und Stärke gegen Migranten und Kriminelle setzt – und die SPD vor sich her treibt.
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