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Neues Frauenmagazin „F Mag“F wie Frittieren statt Fasten

„F Mag“ ist eine neues Frauenmagazin aus dem Hause Gruner+Jahr. Es will jung sein, politisch und empowern. Funktioniert die Idee?

Politik, Sex und Lametta lautet die Devise Foto: dpa

Optisch ist das pinke Hochglanzcover im Zeitschriftenregal erst einmal nicht von Cosmopolitan oder Elle zu unterscheiden. Dabei wollen die Redakteurinnen des F Mags genau das Gegenteil: „Wir wollen nicht mehr lesen, was junge Frauen müssen, sondern zeigen, was sie drauf haben“, steht im Editorial. Weg von der ewigen Selbstoptimierung – hin zum Empowerment. Das neue Gesellschafts- und Lifestylemagzazin F Mag ist erstmals zum Weltfrauentag erschienen und verfolgt einen emanzipatorischem Ansatz.

Die Idee stammt von vier Absolventinnen der Henri-Nannen-Journalistenschule. Sie wollten ein Magazin machen, das sie selbst gerne lesen. Als One-Shot – also Versuchsausgabe – wurde es von Gruner + Jahr mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren herausgebracht. Gelingt der Versuch, soll das Magazin künftig regelmäßig erscheinen.

Das neue Magazin wird im Verlag der Brigitte Group zugeordnet. Und wenn Brigitte die Mutter ist, dann ist F Mag die erwachsene Tochter, die gerade von Zuhause ausgezogen ist. Frauen zwischen 20 und 35, gebildet und aus der Mittelschicht sind die Zielgruppe. Etwas jünger, offener und bunter wird über „Politik, Sex & Lametta“ gesprochen – so wird es auf dem Cover versprochen. Lametta bedeutet im F Mag: Reisen, Mode und Genuss.

Freitags frittieren

Der Aufbau erinnert an klassische Frauenmagazine: Geschichten über Frauen, Modestrecken, Reiseberichte und am Ende das niemals fehlende Rezept. Doch F Mag zeigt es aus neuen Blickwinkeln: Das Schmink-Tutorial stammt von Berliner Drag Queens, Beirut wird mit Hilfe von Tinder Dates bereist und statt Diät-Tipps zu erteilen, stellen sie den „Fryday“ vor, bei dem sie Empanadas frittieren. In einer Fotostrecke erzählen zehn Menschen die Geschichte ihrer Narbe. Mit großflächigen Bildern brechen sie mit der Norm des westlich geprägten Schönheitsideals, in dem es keine Falten, Löcher oder Unregelmäßigkeiten geben darf.

Bei der Frage, wofür das F im Titel steht, lässt die Zeitschrift verschiedene Auslegungen zu: Feminismus, Frauen, Frittieren, Fun. Dabei lassen sie verschiedenste Frauen (manchmal auch Männer) zu Worten kommen: die Poetry-Slammerin Ninia LaGrande erzählt nicht von ihrer Kleinwüchsigkeit, sondern von ihrem Interesse für Mode. Julia Wadhawan, eine Deutsche mit indischem Vater, reist nach Indien, um herauszufinden, wie in dem Land mit ihrem „hellen Braun“ als Hautfarbe umgegangen wird. Als absoluter Höhepunkt des Magazins ist das Porträt der Anwältin Kim Worty zu lesen. Es erzählt detailliert, wie durch ihre Arbeit 10.000 Anzeigen wegen sexualisierter Gewalt in Detroit neu aufgerollt wurden.

Was ist eigentlich Feminismus?

Das Magazin unterscheidet sich von konventionellen Frauenmagazinen. Es schreibt über Feminismus auf eine Art, dass man nicht Gender Studies studiert haben muss, um zu verstehen, worum es geht. Geschlechterfragen werden im Magazin gestellt und auch beantwortet.

Aber das bleibt viel zu oft an der Oberfläche. Zum Beispiel stellt die Redaktion in einem Artikel 31 Fragen an den Feminismus. Journalist*innen, Aktivist*innen und Politiker*innen antworten. Doch Fragen, wie „Sind Schönheits-OPs okay?“, „Wie vertragen sich Feminismus und Islam?“ oder „Sollten wir über große Fragen streiten oder im kleinen anfangen?“ lassen sich nicht in zehn Zeilen abhandeln, sondern benötigen Platz zur Diskussion.

Ein bisschen mehr Mut

Die Titelgeschichte „Heul nicht, mach doch“ soll die jungen Leserinnen motivieren, etwas zu verändern. Doch anstatt neue Ideen vorzuschlagen oder radikal andere Gedanken zuzulassen, stellen sie acht Menschen vor, die versuchen, die Welt nur ein kleines bisschen besser zu machen. Auch die Themen Technik und Innenpolitik werden durch die Vorstellung einzelner Protagonist*innen abgehandelt. Das große Ganze findet keinen Platz im Heft.

Frei, das letzte Frauenmagazin aus dem Hause Gruner + Jahr, musste nach nur wenigen Monaten eingestellt werden. Wobei dieses eine ganz andere Zielgruppe im Blick hatte: Es sollte der Bild der Frau Konkurrenz machen.

F Mag kann etwas Neues sein und eine Lücke auf dem Markt schließen, wenn sie über das Empowerment mutiger Frauen hinausgehen und selbst etwas Mut beweisen.

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2 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Für mich sind diese Frauenmagazine Teil eines Heteronormativismus-Problems. Ich würde mal behaupten, es gibt eine viel größere Marktlücke. Männermagazine werden von emanzipierten Männern nicht gelesen. Aber die lesen deswegen kein Frauenmagazin, was Trans-Menschen usw. vielleicht noch tun.

    Wem bringt das überhaupt etwas, wenn kein Mann was vom feministischen Diskurs mitbekommt? Da hat die taz bestimmt mehr Wirkung.

    Wirklich mutig, wäre es, ein Magazin für alle zu machen, in dem mal Klartext geredet wird und nicht nur die Forderung aufgestellt wird, wir müßten mehr über Sex und Leib und Körper reden und in dem unverklemmt sich Menschen mit egalwelchen Genitalien über ihr Körperbild, ihre Wünsche und ihre Schwierigkeiten äußern können. Das wäre bestimmt nicht nur interessanter, sondern auch wirkungsmächtiger, als sich immer nur vorzurechnen, wer mehr Probleme hat.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Ich muss sagen, den ersten Absatz den du geschrieben hast verstehe ich nicht.

      Aber zum Rest:

      Ich denke es gibt Männer die etwas vom feministischen Diskurs "mitbekommen", als auch Frauen* die von eben diesem nichts "mitbekommen".

      Ich denke zwar, dass es nicht verkehrt wäre wenn sich mehr Männer mit Feminismus beschäftigen, aber vorallem ist es wichtig, dass sich mehr Frauen* mit Feminismus beschäftigen. Empowerte Frauen* sollen sich emanzipieren und ihre Rechte nehmen und nicht warten, bis emanzipierte (weil vom feministischen Diskurs mitbekommen) Männer, ihnen diese zugestehen.

       

      Und ein Magazin für alle ist, meiner Meinung nach, leider absurd:

      In einer heteronormativen, patriarchalen Gesellschaft, werden sich niemals (alle) Männer für Themen wie Sex und Leib abseits der "Norm" interessieren.