Portrait: Grüner Flüchtling
Eigentlich läuft es gerade ziemlich rund für Bayerns Grüne: In den Umfragen liegen sie mit der SPD fast gleichauf. Gerade haben sie die junge Überfliegerin Katharina Schulze zur Fraktionschefin gekürt. Und dann das: Claudia Stamm geht. Die Landtagsabgeordnete verlässt die Grünen und will eine neue Partei gründen.
„Ich habe lange mit mir gerungen“, teilte Stamm mit, „doch mir fehlt oftmals eine klare Positionierung der Grünen. Ein Kurs, der so schwammig ist – mit dem kann ich nicht mitgehen.“ Am meisten ärgert die Politikerin die Flüchtlingspolitik: Mit Unterstützung der Grünen sei das Asylrecht massivst ausgehöhlt worden. Auch bei der Erbschaftsteuerreform oder dem Bundesteilhabegesetz gibt es viel Konfliktstoff. Sie wolle die Grünen nicht spalten, sagt Stamm und verweist darauf, dass sie für ihre Pläne auch schon viel Zuspruch von Nichtgrünen bekommen habe.
Die Grünen verlieren einen ihrer nur 18 Sitze im Landtag, denn ihr Mandat will Stamm behalten. Und die 46-Jährige gehörte zu den profilierteren Köpfen der bayerischen Grünen. Immer mal wieder war die frühere Rundfunkjournalistin für den Fraktionsvorsitz im Gespräch. 2012 wollte sie Landrätin in Ansbach werden – und holte fast 20 Prozent der Stimmen.
Andererseits verstand es Stamm, Tochter von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), stets recht gut, ihrer Fraktion auf die Nerven zu gehen. Als besondere Provokation ist vielen in Erinnerung, wie sie 2015 auf dem Landesparteitag forderte, sich wegen des Asylpakets gegen die Bundestagsfraktion zu stellen. Die mache ja immer nur PR in eigener Sache, mäkelten manche Grüne.
Jetzt sucht sich Stamm neue Parteifreunde. Bis Herbst soll die noch namenlose Partei stehen. Das Ziel für 2018: der Landtag. DOMINIK BAUR
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen