„Tatort“ aus Ludwigshafen: Sehr schönes Material
Diesmal ist der „Tatort“ ein Experiment. „Babbeldasch“ wirkt in seinen dunklen Momenten wie eine fiese Scripted-Reality-Doku.
Ein Theater, der Vorhang geht auf und gibt den Blick frei auf eine Sitzgarnitur. Dieser „Tatort“ beginnt wie eine Aufzeichnung aus dem Ohnsorg-Theater. Wir sind aber nicht in Hamburg, sondern in Ludwigshafen: Es ist Probe im pfälzischen Laien-Mundart-Hinterhof-Theater „Babbeldasch“. Bald ist Premiere von „Oma gibt Gas“.
Darin Knallerpointen wie die mit dem Italiener namens Ferrari, der als „Herr Porsche“ angesprochen wird. Haha. Ja, da lacht die Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts). Zumindest so lange, bis die Hauptdarstellerin und Theaterleiterin Sophie Fetter (Malou Mott) mit Schaum vor dem Mund hinter der Bühne liegt. Ein allergischer Schock. Sie hat Mohn gegessen. Aus Versehen. Und ihr Notfallset ist verschwunden. Wohl nicht aus Versehen.
Wer wollte ihr das antun? Eigentlich alle. Die Tote hatte gleich zwei Lebenspartner, dazu eine Tochter, die mit ihr gebrochen hatte, und einen Vermieter, der das Theater gern aus seinem Haus hätte. „Sehr schönes Material“, sagt Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter), nachdem sie das gesamte Ensemble vernommen hat.
„Babbeldasch“ ist ein Experiment. Gedreht hat es Axel Ranisch. Es gab kein Drehbuch. Die Dialoge sollten sich die SchauspielerInnen selbst erarbeiten. Und die waren und sind keine Profis, sondern: Mitglieder eines Laientheaters. Zumindest die meisten.
Ludwigshafen-„Tatort“: „Babbeldasch“; So., 20.15 Uhr, ARD
Und so wirkt das Experiment in seinen dunklen Momenten wie eine dieser fiesen Scripted-Reality-Dokus und in seinen hellen Momenten wie: echt. Mit der wackeligen Kamera, den harten Schnitten, den Anspielungen aufs reale Leben der Schauspielerin Ulrike Folkerts, den Dialogen, in denen sich versprochen und unterbrochen wird, die mal unangenehm, mal schön wirken.
Das Problem: Das echte Leben ist häufig nicht halb so spannend wie ein Fernsehkrimi. Das ist in Hamburg so. Und in Ludwigshafen leider auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Wirtschaftspolitik der FDP
Falsch und verlogen