CCC will deutsche Wahlsoftware prüfen: Kreuz auf Weiß
Der CCC will die Software überprüfen, die in Deutschland zum Auszählen von Wahlzetteln genutzt wird. Darum rufen die Hacker jetzt zum Leaken auf.
Berlin taz | Die Wahl Mitte März in den Niederlanden wird ganz schön retro: Ausgezählt werden die abgegebenen Stimmen per Hand. Um Hackerangriffe zu verhindern nun also zurück zur Zettelwirtschaft – das klingt fast so vintage wie die Meldungen, russische Geheimdienste würden angeblich aus Angst vor digitaler Datenspionage wieder auf Schreibmaschinen umrüsten.
Allein: Die in den Niederlanden verwendete Software, die die auf Papier abgegebenen Stimmen zusammenzählt, hat sich bei Überprüfungen tatsächlich als angriffsanfällig herausgestellt. Was eigentlich schon länger bekannt ist. Gut, aber da steckte westlichen Demokratien auch noch nicht das ganze Wahlangezweifel der US-Präsidentschaftskür in den Knochen.
Deutschland, so der Chaos Computer Club, verwende das gleiche Softwareprodukt wie die Niederlande. Die Hacker kritisieren, dass die in Deutschland verwendete Version nicht quelloffen vorliegt – also von Sicherheitsexperten nicht auf Schwächen getestet werden kann. Darum ruft der Hackerclub per Pressemitteilung auf: Wer Zugriff habe, möge ihm eine aktuelle Variante der Software zuspielen.
In Deutschland wird zwar auf Papier gewählt, Wahlcomputer sind seit 2009 verfassungswidrig. Doch der CCC warnt: eine Diskrepanz zwischen Auszählungsergebnissen der Wahllokale und veröffentlichten Resultaten könnte zu einem „Vertrauensverlust“ und „weit verbreiteten Zweifeln an der Integrität der Wahlprozesse“ führen.
Pathetischer gesagt: Im Kernbereich der Demokratie ist Schwarz auf Weiß und mehrfach geprüft wirklich das Beste. Zumindest in Deutschland, wo Technikfeindlichkeit zum guten Ton vieler Bildungsbürgerlicher gehört. Zudem in einer Zeit, in der jeder Hempel sich seine eigene Weltsicht zusammenzweifelt.
Leser*innenkommentare
UBVW
Ohne den letzten Absatz wäre dieser Artikel eine Meldung, mit ihm ist es ein unqualifizierter Kommentar. Leider.
Man weiß also, dass die Auszählungssoftware anfällig für Angriffe ist. Das war aber weniger schlimm, als wir davon ausgehen konnten, dass uns nur die "Freunde" manipulieren? Die bewiesenen Wahlfälschungen in einigen Kommunalwahlen Deutschlands zählen dann ja nicht? Gute Manipulation vs. schlechte Manipulation?
Inwieweit ist dann Skepsis an der Korrektheit der Ergebnisse Technikfeindlichkeit? Vertrauen ist gut. Ist es aber nachgewiesenermaßen schon mehrfach missbraucht worden, hilft nur gründliche Kontrolle. Aber dieses Fazit ist vermutlich nur aufgrund meiner eigenen zusammengezimmerten Wahrheit entstanden, oder?
Bitte nachbessern, Frau Hempel!
sandra ka
vielleicht verstehe ich ja ihre ironie nicht oder sie meinen das wirklich ernst? für sie scheint der ccc und einige, nein viele, bildungsbürger technikfeindlich zu sein? hmm, heute scheint es pathetisch zu sein, wahlsoftware auf sicherheitslücken zu überprüfen und wenn das nicht funzt, weil sie nicht zum unabhängigen prüfen 'freigegeben' wird dann doch lieber auf sie zu verzichten?! ich speichere ihren artikel im ordner |_hempel ab.
Pfanni
Inzwischen scheint man in den USA eingesehen zu haben, dass der Wahlsieg von Trump nicht auf gehackten Wahlcomputern beruht, sondern auf „gehackten“ Gehirnen der Wähler. Denn die mysteriösen Mails und FakeNews, die - von wem auch immer - in den Wahlkampf eingestreut und bereitwilligst und unkritisch von Auflagen-/Einschaltquoten-/Mausklick-geilen Medien verbreitet wurden, verfehlten ihre Wirkung auf die Wähler nicht. Auch wenn es nur um ein paar Prozentpunkte ging, im Kopf-an-Kopf-Rennen gab das wohl den Ausschlag.
Vor allem daraus sollte man in D. lernen!
Jürgen Matoni
"Zumindest in Deutschland, wo Technikfeindlichkeit zum guten Ton vieler Bildungsbürgerlicher gehört." Sie gehören offensichtlich nicht zu den Gebildeten, oder wie darf ich Ihren Angriff verstehen?