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Penny schafft Plastiktüten abBeinahe das Letzte

Mit viel Prominenz verabschiedet Penny die – angeblich – letzte Plastiktüte. Das gibt auf jeden Fall schöne Bilder. Und vielleicht nützt es auch der Umwelt.

Plastik, Stoff, Papier – wer gewinnt? Foto: dpa

Berlin taz | Es ist nicht unbedingt eine typische Penny-Filiale, in die das Unternehmen am Mittwoch zum Pressetermin geladen hat: Hell, großzügig und mit einem Meister-Proper-mäßig glänzenden Fußboden. In der Grellstraße im Berliner Nobelstadtteil Prenzlauer Berg verabschiedet der Discounter am Donnerstag die Einweg-Plastiktüte. Und das will ordentlich zelebriert werden.

Vor dem Kühlregal, in dem in Plastik eingeschweißtes Hähnchen-Geschnetzeltes für 3,33 Euro pro Pfund angepriesen wird, ist ein Rednerpult aufgebaut, eingerahmt von großen Penny-Logos. Neben der Lokalpresse dokumentiert ein Kamerateam die Veranstaltung im Auftrag von Penny, daneben wird sie live im Internet übertragen.

Schließlich sind prominente Gäste da: Grünen-Chef Cem Özdemir und Naturschutzbund-Präsident Olaf Tschimpke signieren zusammen mit Penny-Chef Stefan Magel die letzte Einweg-Plastiktüte und überreichen sie in einem Rahmen an die Filialleiterin – zweimal nacheinander, damit alle Bilder gelingen.

Beide Gäste loben anschließend das Umwelt-Engagement von Penny. Das Unternehmen ist dabei nicht die erste Lebensmittelkette, die Plastiktüten aus dem Sortiment verbannt – das haben auch Rewe und Real schon getan. Tatsächlich ist Penny aber der erste Discounter, der diesen Schritt geht.

Zudem geht Penny noch weiter und belohnt KundInnen dafür, wenn sie Mehrweg-Plastiktaschen, die für 99 Cent als Alternative angeboten werden, beim nächsten Einkauf wieder mitbringen: Dann gibt es jeweils 10 Cent Rabatt an der Kasse; weitere 10 Cent spendet das Unternehmen pro Einkauf mit Mehrwegtasche an soziale Projekte.

Papiertüten haben schlechtere Ökobilanz

Dieser Schritt könnte dafür sorgen, dass die Umwelt wirklich von der Abschaffung der Plastiktüte profitiert. Denn bisher werden als Alternative oft Einwegtaschen aus Papier genutzt; auch Penny bietet diese künftig für 10 Cent an.

Solche Papiertüten haben zwar den Vorteil, dass sie schneller verrotten. Ansonsten ist die Ökobilanz aber sogar noch schlechter als bei der Plastiktüte, sagt Thomas Fischer, Abfallexperte bei der Deutschen Umwelthilfe. „Die Herstellung verbraucht deutlich mehr Energie und Wasser – vor allem wenn die Tüten nicht aus Altpapier, sondern aus Holz hergestellt werden.“ Das ist auch bei Penny der Fall – angeblich weil ein entsprechendes Angebot nicht existiert. Die Bio-Supermarktkette Alnatura nutzt allerdings ausschließlich Papiertüten aus Recyclingpapier.

Özdemir und Tschimpke scheint es nicht zu stören, dass sie nur die letzte Tüte dieser Filiale verabschiedet haben. Was auch daran liegen mag, dass sowohl der Nabu als auch die Grünen einen engen Draht zum Penny-­Mutterkonzern Rewe pflegen

Und während in der modernen Filiale in der Grellstraße die Einweg-Plastiktüte nach dem Pressetermin tatsächlich nicht mehr an der Kasse liegt, ist in einer Filiale in unmittelbarer Nachbarschaft noch alles beim Alten: Angeboten werden ausschließlich Einweg-Plastiktüten. Die bereits produzierten Tüten müssten noch abverkauft werden, heißt es zur Begründung. Das könne bis zu zwölf Wochen dauern. Ob Penny damit wirklich der erste tütenfreie Discounter wird, ist offen – Lidl will den Verkauf ebenfalls im Frühjahr beenden.

Özdemir und Tschimpke scheint es aber nicht zu stören, dass sie nur die letzte Tüte dieser Filiale verabschiedet haben. Was auch daran liegen mag, dass sowohl der Nabu als auch die Grünen einen engen Draht zum Penny-Mutterkonzern Rewe pflegen: Der Nabu bekommt im Rahmen eines Kooperationsvertrages rund 500.000 Euro pro Jahr von Rewe.

Und beraten lässt sich der Einzelhandelsriese in Nachhaltigkeitsfragen von Joschka Fischer & Company – einer PR-Firma, die der ehemalige Außenminister zusammen mit dem Ex-Pressesprecher der Grünen-Bundestagsfraktion gegründet hat; zum Team gehörte bis letztes Jahr auch Özdemirs ehemaliger Büroleiter.

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8 Kommentare

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  • Ablasshandel der Grünen Päpste - wer macht den Luther?

  • Zumindest bei meinem REWE Markt hab ich den Eindruck, dass das erstmal funktioniert. Viele haben jetzt Taschen dabei. Und das ist doch schon mal gut. Klar, der nächste Schritt wäre gar keine Alternative außer Stoff oder Jute anzubieten.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Karlheinz:

      Warum redet niemand vom guten, alten und überaus praktischen Einkaufsnetz?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Plastik, Stoff, Papier – wer gewinnt?"

     

    Jute, die Gute!

    • @571 (Profil gelöscht):

      So ein Unfug.

      Plastikverpackungen sind praktisch und werden an tausend Stellen verwendet. Und so sind die Plastiktüten in den Läden das wahrscheinlich allerkleinste Plastik-Problem.

      In jedem Supermarkt sind tausende Sachen in Plastik verpackt, Lieferungen aus dem Internet ebenso, alles: leicht und durchsichtig, praktisch. Auch an der Theke wird wieder oft in Plastik verpackt. Was ist dazu im Verhältnis die (bei uns) oftmals wiederverwendete Plastiktüte ?

       

      Das Getue um die Plastiktüte ist also Hysterie. Vielleicht macht das Getue Sinn, um den Blick auf das Plastikproblem zu schärfen.

       

      Aber wo ist hierzulande das Problem: meine Plastikteile landen ausnahmslos im Gelben Sack. Wenn dessen Inhalt nicht sachgerecht verwertet wird, ist das nicht das Problem der Tüte oder der Verpackung sondern der Entsorgung. In anderen Ländern ist das sicher anders, in Kroatien schwamm ich auch schon in einer Wolke von Müll. Was passiert mit unseren Gelben Säcken., Es gab mal Berichte, dass die irgendwo in Indonesien landeten...

       

      Ich sehe es nicht ein, praktische Dinge zu verteufeln, die hier vor Ort kein Problem machen sollten.

      • @Toke134:

        Ich weiß nicht, ob ich das gerade falsch verstehe, aber nur weil, weil unser Plastikmüll in Indonesien landet, heißt das nicht, dass wir nicht dafür verantwortlich sind, dass die Erde immer mehr vermüllt und Plastik mehrere 100 Jahre braucht, um zu verrotten. Ich sehe ein großes Problem in all den Plastikverpackungen im Supermarkt, inklusive der Plastiktüten und bin sehr froh darüber, dass sie abgeschafft werden!

         

        Die Folgen von all dem Plastikmüll sind z.B: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/muellkippe-meer/muellkippemeer.html

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Toke134:

        "So ein Unfug."

        Stimmt.

        Mein Beitrag war ironisch gemeint (erinnere an den grünen Slogan "Jute statt Plastik") - und was Sie in epischer Breite dazu antworten, geht (bei) uns genauso;-)

  • man ist gut im geschäft ... mit der plastiktüte.