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Staub liegt in der Luft

Dreck Gerade in süddeutschen Städten atmen die Menschen derzeit ziemlich viel Feinstaub ein. Die Behörden setzen auf freiwillige Maßnahmen – das stößt auf Kritik

Wäre Feinstaub so gut sichtbar, würden sicher mehr Menschen ihr Auto stehen lassen Foto: Lino Mirgeler/dpa

Von Svenja Bergt

BERLINtaz| Ein kleiner grauer Kasten an einer Hauptverkehrsstraße in Nürnberg macht die Stadt gerade zur Nummer eins. An der Ecke Rothenburger Straße, Von-der-Tann-Straße misst die Messstation die Feinstaubbelastung – und meldete seit dem 1. Januar bereits an14 Tagen mehr als die erlaubten 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Das ist, laut der Datenbank des Umweltbundesamtes, derzeit bundesweiter Rekord. Und der erste Monat des Jahres ist noch nicht einmal vorbei. Insgesamt sind im Jahr 35 Überschreitungstage erlaubt.

Als Feinstaub gelten feinste Partikel in der Luft, die je nach Größe bis in das Lungengewebe oder sogar den Blutkreislauf vordringen können. In einem Bericht vom vergangenen November beziffert das Umweltbundesamt die durch die Feinstaubbelastung verursachten vorzeitigen Todesfälle in den vergangenen Jahren auf zwischen 40.000 und 50.000 jährlich. Herz-Lungen-Erkrankungen und Lungenkrebs verursache die langfristige Belastung bei Erwachsenen. Die kurzfristige Belastung führe dagegen gerade bei Kindern unter fünf Jahren durch akute Atemwegserkrankungen zum Tod.

Nürnberg ist nicht die einzige Stadt, die derzeit hohe Feinstaubmesswerte meldet. Stationen in München, Hagen, Würzburg oder Essen haben bereits zehn oder mehr der erlaubten 35 Überschreitungstage gesammelt. In Stuttgart herrscht seit zwei Wochen Feinstaubalarm, was aber nur heißt, dass die Bürger dazu aufgerufen sind, ihr Auto stehen zu lassen und auf das Nutzen von Kaminen, die nicht primär der Wärmeerzeugung dienen, zu verzichten. Die Emissionen, die von Straßenverkehr, der Landwirtschaft und sogenannten Kleinfeuerungsanlagen wie Öfen verursacht werden, gelten als Hauptverursacher von Feinstaub.

Für den vergangenen Samstag meldete Stuttgart für die Station am Neckartor 120 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Am Montag davor waren es sogar 188 Mikrogramm. Dass die Werte gerade akut hoch sind, führen Meteorologen auf die Inversionswetterlage zurück: Unten liegt kalte Luft, darüber warme, die verhindert, dass sich die kalte Luft darunter austauscht. Besonders in einem Talkessel wie Stuttgart macht sich das bemerkbar.

In Stuttgart herrscht seit zwei Wochen Feinstaubalarm

Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), kritisierte in der letzten Woche die Reaktionen auf die Feinstaubbelastung: „Trotz der bedrohlichen Luftqualität bleiben die Behörden untätig und sprechen hilflos Appelle an die Freiwilligkeit aus.“ Er forderte Fahrverbote, etwa nach norwegischem Vorbild. So untersagten die Behörden in Oslo angesichts überschrittener Grenzwerte bei Stickoxiden kürzlich die Nutzung privater Diesel-Pkws in der Innenstadt.

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