heute in Bremen: „Folgen sind schon sichtbar“
TISA Attac lädt zum Vortrag über ein Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen
71, unterrichtete als Studienrat das Fach Wirtschaftslehre. Aktiv für Attac Bremen.
taz: Herr Berger, warum diskutieren Sie noch über Freihandelsabkommen, nachdem Trump gewählt wurde?
Klaus Berger: Nur weil Trump in seinem Wahlkampf gesagt hat, dass er solche Abkommen ablehnt, heißt das nicht, dass er das auch wirklich tun wird. Wir sind alarmiert, weil das „Trade in Services Agreement“ (Tisa) verhandelt ist und jeden Moment abgeschlossen werden könnte.
Was ist Tisa?
Tisa ist ein Abkommen von 23 Staaten. Federführend sind die USA und die Europäische Union. Das Abkommen soll Handelshemmnisse beseitigen, die sich auf Dienstleistungen beziehen. In den modernen „Industriestaaten“ werden inzwischen drei Viertel des Bruttosozialprodukts durch Dienstleistungen erwirtschaftet.
Was ist schlecht an der Liberalisierung von Dienstleistungen?
In diesem Fall wären – neben anderen Bereichen – vor allem die öffentlichen Dienstleistungen betroffen. Öffentliche Güter müssen für alle kostengünstig angeboten werden. Private Unternehmen wollen aber Geld verdienen. Da besteht ein Interessenkonflikt.
Welche Folgen hätte das im Alltag?
In Bremen sind sie schon sichtbar: Die Firma Hansewasser hat durch die Abwassergebühren jahrelang einen staatlich garantierten Gewinn eingefahren. Trotzdem fehlt jetzt das Geld für die Wasserversorgung und die Bremer müssen wieder mehr bezahlen.
Häufig wird auch der Datenschutz kritisiert. Wie ist das zu verstehen?
Das Abkommen versteht Daten als Informationen, die ein Unternehmen verwenden und bearbeiten darf. Das muss dann aber nach den Gesetzen des Landes passieren, in dem es tätig ist. Da die Daten aber über die Grenzen transferiert werden können, entsteht ein „Datenschutzdumping“. Es ist kein Zufall, dass der europäische Sitz von Apple in Irland ist, denn da gilt ein schwaches Datenschutzrecht.
Wie kann die EU gleichzeitig die Datenschutz-Grundverordnung verabschieden?
Gerade beim Datenschutz ist vieles nicht schlüssig oder gar widersprüchlich. Das Problem ist aber, dass dieses Abkommen noch stärker geheim verhandelt wird als noch Ceta und TTIP.
Wie meinen Sie das?
Jegliche Dokumente dürfen erst nach fünf Jahren veröffentlicht werden – auch dann, wenn die Verhandlungen scheitern.
Warum diese Heimlichtuerei?
Wir haben es bei den anderen beiden Verträgen schon gesehen: Sobald etwas an die Öffentlichkeit dringt, ist die Empörung groß. Und das wird auch bei Tisa so sein. Interview: Lukas Thöle
19.30 Uhr, Kukoon, Buntentorsteinweg 29
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