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Der Adler ist verwundet

Beşiktaş Der Fußballklub ist besonders politisch. Die Attentäter machten sich die Feindschaft zum Gegner Bursaspor zunutze

ISTANBUL taz | Ausgerechnet Beşiktaş. Der Fußballverein Beşiktaş Istanbul, neben dessen Stadion am Samstagabend im Anschluss an das Spiel gegen Bursaspor die beiden Attentate stattfanden, ist der wohl politischste Verein der türkischen Süper Lig. Keine Fangemeinde hat sich so eindeutig gegen Erdoğan positioniert, kein anderer Klub ist so stark wie Beşiktaş in dem gleichnamigen Stadtteil verankert. Eine Skulptur mit dem Vereinswappen, einem Adler, steht mitten auf dem Marktplatz des Viertels und dient den Fans als Sammelpunkt.

Während der Gezi-Proteste 2013 spielten die organisierten Fans von Beşiktaş eine wichtige Rolle. Das Stadion liegt unterhalb des Geziparks und des Taksimplatzes, und viele Mitglieder des Fangruppierung Çarşı nahmen an den Protesten aktiv teil. Immer wenn es zwischen Polizei und Demonstranten brenzlig wurde, war Çarşı an vorderster Stelle dabei. Insgesamt 35 Fans waren deshalb später angeklagt, eine „terroristische Vereinigung“ gebildet zu haben, wurden aber freigesprochen.

Die Attentäter hat das nicht gestört, sondern sie haben sich den Umstand zunutze gemacht, dass mit Bursaspor ein Verein zu Gast war, mit dem die Fans von Beşiktaş stark verfeindet sind. Mehrmals hatte es nach Spielen beider Vereine heftige Auseinandersetzungen gegeben, weshalb jetzt ein besonders großes Polizeiaufgebot dafür sorgen sollte, dass es friedlich blieb.

Unter den Toten sind auch zwei Vereinsangehörige, das Vorstandsmitglied Vefa Karakurdu und der Jugendtrainer Tunç Uncu. Der Verein sprach den Familien der Opfer sein tiefstes Beileid aus. Viele Fans boten im Internet den Besuchern aus Bursa, die wegen der Straßensperren nicht mehr nach Hause kamen an, bei ihnen zu übernachten.

Jürgen Gottschlich

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