: Die ganze City wird zum Lab
Stadtentwicklung Die Sparkasse tritt den geordneten Rückzug an und verkauft die Zentrale am Brill und die Stadtwaage. Rudolf Hickel findet das vernünftig
Die Sparkasse will ihre Zentrale am Brill verkaufen, um ein „Einkaufszentrum an attraktivem Standort zu ermöglichen“. So steht es in der Pressemitteilung, aber das ist natürlich nicht der Grund. Die Sparkasse will ihre Zentrale am Brill verkaufen, weil sie sparen will. So ist vor allem ein älterer Neubau an der Bürgermeister-Smidt-Straße so marode, dass er abgerissen und neu gebaut werden müsste.
Ökonomisch, so ist auch der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel überzeugt, ist der geplante Umzug in den Technologiepark an der Uni vernünftig. Die Kosten für einen Neubau des maroden Gebäudeteils wären viel zu hoch. „Angesichts der Niedrigzinspolitik, die den Sparern nach Abzug der Inflation reale Zinsverluste einbringt“, so Hickel, „würde ein derartiges Investment zu verständlicher Kritik führen.“ Außerdem sei die bislang praktizierte Mischung der Aufgaben der Zentrale mit einer üppig ausgestatteten Geschäftsstelle nicht mehr erforderlich.
Ein Neubau im Technologiepark hätte zudem den Vorteil, alle Mitarbeiter unter einem Dach zu versammeln. „Bislang sind einige Stabs- und Backoffice-Einheiten noch getrennt vom Rest untergebracht“, erklärt Sparkassen-Sprecherin Nicola Oppermann. Zu den Kosten eines Neubaus und des Umzugs will sie sich hingegen nicht äußern.
Auch wer der neue Investor der Stadtwaage ist, sagt die Sprecherin nicht: „Die Verträge sind unterschrieben, müssen aber noch von Senator Lohse genehmigt werden.“ Sie sei zuversichtlich, dass die Genehmigung erfolge und die neue, „offenere“ Nutzung des historischen Gebäudes in der Langenstraße ab Mitte 2017 beginnen könne.
So weit läuft es für die Sparkasse also rund – es bleibt die Frage, wie Vorstandschef Tim Nesemann auf die Idee kam, ein Einkaufszentrum sei, was der Bremer Innenstadt bislang gefehlt hat. Immerhin ist erst kürzlich der Lloydhof-Verkauf gescheitert, seine Zukunft ist ungewiss. Oppermann sagt: „Während der Lloydhof-Ausschreibung hat Herr Nesemann viele Gespräche mit Investoren geführt und bei ihnen ein großes Interesse festgestellt.“ Nun wolle er „den Faden aufnehmen“ und „den Ball rüberspielen“.
Den noch abgelegeneren Standort am Brill sieht Oppermann dabei nicht als problematisch an: „Wenn man sich die Entwicklung von der Schlachte hin zum Landmark-Tower ansieht, dann könnte die alte Sparkassen-Zentrale ein attraktives Einfallstor in die City werden.“
Karolina Meyer-Schilf
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