Porträt: Das Aushängeschild
Leider gehen solche Meldungen gerne unter. Dabei ist es für den VfL Wolfsburg und den deutschen Frauenfußball enorm wichtig, dass Alexandra Popp ihren Vertrag vorzeitig bis 2019 verlängert hat. Sie, die Torjägerin des Vereins, Deutschlands aktuelle Fußballerin des Jahres, ist keine großen Schlagzeilen wert. Die Frauen kicken im Schatten der Männer.
Vielleicht müsste Popps Verein, der den Beinamen „Wölfe“ trägt, das anders inszenieren: „Tierpflegerin steht auf Wölfe“, das würde zumindest aufhorchen lassen. Oder wie es die Brigittein einem Beitrag über Popp versucht hat: „Eine Frau wie Thomas Müller“. So lautete die Überschrift eines gut gemeinten Portraits, das das übliche Problem offenbarte. Wenn Thomas Müller vom FC Bayern München ein Schnürsenkel reißt, weiß ganz Deutschland Bescheid. Wenn Alexandra Popp Großes vollbringt, interessiert es nicht.
Das Gute mitten in den schlechten Rahmenbedingungen für den Frauenfußball ist: Die meisten seiner Hauptdarstellerinnen halten sich nicht damit auf, den Mangel an Wertschätzung für ihre Leistungen zu bejammern. Popp weiß sehr genau, dass sie nicht nur zur nationalen, sondern auch zur internationalen Elite zählt. Sie ist Olympiasiegerin und hat mit Wolfsburg schon zweimal die Champions League gewonnen. Trotzdem sind von ihr selten forsche Töne zu hören.
Tagsüber arbeitet Popp als Tierpflegerin. Abends und an den Wochenenden schießt sie Treffer in Serie. „Poppi“, wie sie genannt wird, ist froh, will zwar, dass ihre Sport mehr Anerkennung bekommt, kämpft dafür mit Toren statt mit Trotz. Ihre Kopfballstärke ist herausragend. Popp geht mutig in Zweikämpfe, die schon beim Zuschauen wehtun. In der deutschen Nationalmannschaft, der es an exzellenten Spielerinnen wahrlich nicht mangelt, gilt die 25-Jährige als gesetzt. Wenn es bei großen Turnieren richtig gut läuft, schafft sie es als „Popp-Star“ bis in die Boulevardpresse. Aber dann werden die Schnürsenkel der Männer wieder wichtiger.
„Alex ist auf und neben dem Platz sehr wichtig für uns“, sagt Wolfsburgs Trainer Ralf Kellermann. Die Stürmerin hat sich als Leistungsträgerin und Frontfrau des Vereins etabliert. Sie ziert die meisten Poster und Anzeigen, mit denen der Wolfsburger Frauenfußball beworben wird. „Wolfsburgerin mit jeder Faser“ steht neben ihrem Konterfei.
Kampagnen dieser Art sollen dazu anregen, die Trikots der Spielerinnen zu kaufen. Es wäre mal ein Experiment wert: In einem Sportgeschäft irgendwo in Deutschland nebeneinander das Original-Trikot von Alexandra Popp und ein gebrauchter Schnürsenkel von diesem Thomas Müller im Regal. Es ist absehbar, was mehr Käufer begeistern würde. Christian Otto
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