Kaufberatung: Ich bräuchte ein Buch zum Verschenken
Neulich in der Buchhandlung. „Haben Sie einen Roman, den ich zu Weihnachten verschenken kann?“ „Neuerscheinung?“ „Gern.“ Kurzer Blick auf die Spiegel-Bestsellerliste, und schon geht es los.
Kann der oder die zu Beschenkende etwas mit dem Satz „Digital ist besser“ anfangen? Wenn nicht, käme der Buchpreisträger in Betracht. „Widerfahrnis“ von Bodo Kirchhoff enthält neben manchem kulturkritischen Affekt alles, was sich mit der guten alten Toscana-Fraktion verbinden ließe. Es wird Rotwein getrunken, Brot in Olivenöl getaucht, und Tragik gibt es auch. Falls der oder die zu Beschenke allerdings etwas mit dem Satz verbindet, bestünde die Möglichkeit, dass die Sinnlichkeit des Textes als Klischee empfunden wird. In diesem Fall könnte man doch Thomas Melles „Die Welt im Rücken“ in Erwägung ziehen, mit dem Zusatz: das Buch, das den Buchpreis eigentlich verdient gehabt hätte.
Andere Frage: Möchte der oder die zu Beschenkende auf Parties mitreden können? Wenn ja, würde sich immer Elena Ferrante empfehlen (weiterhin inklusive Smalltalk-Anschlussmöglichkeiten, ob die Enthüllung in Ordnung war). Noch mehr Aufmerksamkeit könnte Band 2 garantieren, wenn nicht auf Italienisch, dann auf Englisch: „The Story of a New Name“. Falls das Partykriterium nicht so entscheidend ist: Emma Braslavskys wildes Buch „Leben ist keine Art, mit einem Tier umzugehen“. Was zum selber Staunen, was sich alles in einen Romane verrühren lässt.
Dritte Frage: bildungsbürgerlicher Hintergrund wichtig oder gerade nicht? Falls ja: „Augustus“ von John Williams – ein historischer Briefroman von dem Autor, der vor ein paar Jahren den tollen „Stoner“ geschrieben hat. Falls nicht: Dmitrij Kapitelmans lustige und intelligente Wurzelsuche „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“. drk
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