Heimkehrer: Hilft Althusmann der CDU?: McAllisters Mann
Niedersachsens CDU will Ex-Kultusminister Bernd Althusmann zum Herausforderer von Ministerpräsident Stephan Weil küren. Frauen spielen mal wieder keine Rolle.
„Bernd ist unser Mann“, versichern in der Partei viele. Jedoch zeigt bereits die Form, mit der Althusmann inthronisiert wurde, die größten Schwächen der Christdemokraten: Ihre dünne Personaldecke – und ihre Zerstrittenheit.
Der „Designierte“ war schon ganz weit weg
Denn der Kandidat, der in Hannover die Staatskanzlei zurückerobern soll, rückt nicht nach einer Mitgliederbefragung an die Spitze – gestützt von Parteigranden ist der Lüneburger stattdessen aus dem südlichen Afrika nach Niedersachsen re-importiert worden: Nach einer peinlichen Niederlage gegen die Sozialdemokratin Andrea Schröder-Ehlers in seiner Heimatstadt und der Machtübernahme von Rot-Grün im Land stand Althusmann 2013 plötzlich nicht nur ohne Ministeramt, sondern auch ohne Landtagsmandat da. Der Diplom-Pädagoge und -Betriebswirt flüchtete auf den Posten des Büroleiters der Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia.
Dort hätte er auch weiter überwintern können – doch offenbar auf Bitten seines Freundes und Förderers, des einstigen Regierungschefs McAllister, tauchte er Mitte des Jahres wieder in Hannover auf. In der Landeshauptstadt fand er schnell einen Job: Für die Hamburger Personalberatung „Topos“ knüpft er Kontakte, baut eine Außenstelle auf.
McAllister hatte den Parteichef-Posten warm gehalten
Die Personalie zeigt, wie groß der parteiinterne Einfluss des 46-jährigen McAllister auch knapp drei Jahre nach seiner Niederlage bei den Landtagswahlen 2013 ist. Der Mann aus Bad Bederkesa bei Cuxhaven amtiert noch immer als Landesparteichef, obwohl er längst in Richtung Brüssel verschwunden und in der niedersächsischen Öffentlichkeit kaum noch präsent ist. Doch mit seiner Entscheidung, nach der Wahlniederlage zumindest im Parteivorsitz Kontinuität zu wahren, scheint der in West-Berlin geborene Sohn einer Deutschen und eines Schotten seinen Landesverband vor heftigsten Machtkämpfen bewahrt zu haben.
Denn in Niedersachsen leiden manche Christdemokraten weiter unter Verletzungen, die noch aus der Zeit von McAllisters Vorgänger Christian Wulff stammen. Eine Version möglicher Intrigen kursiert in Hannover so: Der heute als Landtagspräsident amtierende Bernd Busemann habe sich vom einstigen Ministerpräsidenten Wulff vom Kultus- zum Justizminister „degradiert“ gefühlt. Während der exzessiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover wegen Vorteilsnahme, die letztlich zum Rücktritt des zum Bundespräsidenten aufgestiegenen Wulff führten, könnte Busemann Justizinterna „an die Presse durchgestochen“ – und die Affäre damit immer wieder befeuert haben, heißt es.
Chancenloser Busemann posaunt's aus
Busemann selbst jedenfalls scheint schnell begriffen zu haben, dass er den Machtpoker um die Spitzenkandidatur nicht gewinnen kann. Entgegen parteiinterner Absprachen posaunte der 64 Jahre alte Emsländer Anfang September den Namen Althusmanns heraus – eigentlich hatte die CDU-Führung mit der Verkündung der Personalie bis nach der niedersächsischen Kommunalwahl warten wollen.
Innerhalb der CDU vermuten nun manche, Busemann habe mit seinem scheinbar großzügigen Verzicht nur für den Fall einer Niederlage bei der Wahl 2018 vorsorgen wollen – dann würde Spitzenkandidat Althusmann den Platz des Fraktionsvorsitzenden einnehmen, den bisher Björn Thümler aus Berne in der Wesermarsch innehat.
Thümler wiederum hätte Busemann den Posten des Parlamentspräsidenten streitig machen können, glauben manche – denn merkwürdigerweise hat der Fraktionschef eigene Ambitionen auf die Spitzenkandidatur schon früh zurückgestellt. „Persönliche Eitelkeiten sind fehl am Platz“, machte er in der taz schon im Sommer klar.
In Hannover streuen Parteifreunde, der verheiratete Vater einer Tochter habe aus familiären Gründen zurückgesteckt. „Wichtig ist, dass die CDU am Ende den Kandidaten aufstellt, der die besten Chancen bei der Wahl hat“, findet Thümler selbst.
Einzige Machtoption: Große Koalition
Ob Althusmann das Rennen gegen SPD-Ministerpräsident Weil machen kann, ist die große Frage. Mit Einzug der AfD in den Landtag und wegen der großen Differenzen zwischen FDP und Grünen bleibe „die große Koalition wahrscheinlich die einzig realistische Machtoption der CDU“, analysiert etwa der Politikwissenschaftler Nils Bandelow.
„Ob darin aber die Christdemokraten den Ministerpräsidenten stellen, bleibt fraglich: Bernd Althusmann ist ein viel weniger profilierter Kandidat als Stephan Weil“, meint der Professor, der an der Technischen Universität Braunschweig den Lehrstuhl für Innenpolitik innehat. Wie Weil dürfte Althusmann versuchen, sich „als Mann der Mitte, als paternalistischer Landesvater zu verkaufen“, sagt Bandelow.
Absage an Studiengebühren und Turboabi
Damit angefangen hat Althusmann bereits. Bei einer Tour an die Parteibasis, die in Anlehnung an seine Initialen den etwas merkwürdigen Titel „DeBAtte“ trug, versuchte der Bundeswehroffizier der Reserve, der seinen einstigen Spitznamen „Panzer“ gar nicht mehr gern hört, mit einer klaren Absage an Studiengebühren und und Turbo-Abitur zu punkten. Beides hatte einst sein Kultusminister-Vorgänger Busemann eingeführt, Rot-Grün wieder abgeschafft. Und in einem Interview im Weser-Kurier sprach Althusmann sich deutlich für ein Einwanderungsgesetz aus.
Parteiintern durchsetzbar ist das. Mag einer wie der Katholik Busemann in Richtung des Sozialflügels der Partei tendieren, mag einer wie der Braunschweiger Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg nach den Übergriffen von Köln den Einsatz von Waffen gegen Flüchtlinge fordern: Innerhalb der CDU liegen die Konfliktlinien eher auf persönlicher, machtpolitischer Ebene.
Schwerer dürfte es Althusmann fallen, jüngere Frauen für seine Partei zu begeistern. Von den 54 Abgeordneten im Landtag sind nur zwölf Frauen. Die jüngste von ihnen, Editha Lorberg aus Garbsen bei Hannover, wird im Dezember 53.
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