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Nach umstrittener Rede:„War wohl etwas salopp“

Oettinger EU-Kommissar bleibt nach Rede über „Schlitzaugen“ und „Pflicht-Homo-Ehe“ locker

Ist doch klar: „War ja gar nicht so gemeint“ Foto: Christoph Schmidt/dpa

BERLIN taz | Gegenwind für Günther Oettinger: Nach einer Rede vor Unternehmern in Hamburg fordern Politiker aus SPD, Grünen und Vertreter von Schwulenverbänden den Rücktritt des EU-Kommissars. Oettinger hatte am Mittwoch bei einem launigen Auftritt unter anderem von „Schlitzaugen und Schlitzohren“ gesprochen und damit chinesische Geschäftsleute und Politiker gemeint. Daneben witzelte er darüber, dass es neben der Rente mit 60 wohl demnächst auch eine „Pflicht-Homo-Ehe“ geben werde.

Bei dem Auftritt, bei dem es auch um die Frage ging, wofür Europa künftig weltweit stehen solle, lästerte Oettinger über zahlreiche politische Projekte wie die Mütterrente, die Mindestrente, das Betreuungsgeld und die Maut. Er müsse, sagte er ironisch, seinem Sohn künftig empfehlen, ein „G15“-Abi zu machen und anschließend lang zu studieren, um von der Uni direkt in die Rente zu rutschen. Horst Seehofer nannte Oettinger an anderer Stelle einen „Populisten light“.

Ein Teilnehmer hatte Ausschnitte der Rede am Freitag veröffentlicht. Ausgerechnet ebenfalls Freitag hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Oettinger, der derzeit EU-Kommissar für digitale Wirtschaft ist, zum künftigen EU-Haushaltskommissar erklärt, nachdem die bisherige Haushaltskommissarin diesen Posten räumt. Oettinger, der von 2005 bis 2010 Ministerpräsident in Baden-Württemberg war und anschließend in die EU wechselte, könnte das Amt voraussichtlich Anfang Januar antreten. Damit würde ihm eines der einflussreichsten Ämter auf europäischer Ebene zufallen.

Während Oettingers Publikum in Hamburg seine Rede noch mit Gelächter aufgenommen hatte, sorgte sie am Wochenende für viele empörte Reaktionen. Die Grünen im EU-Parlament forderten Oettingers Rücktritt. SPD-Generalsekretärin Katharina Barley sagte: „Jemand, der offene rassistische und homophobe Ressentiments bedient, disqualifiziert sich für politische Spitzenposten.“ Ein Haushaltskommissar mit solchem Gedankengut könne der ganzen EU Schaden zufügen.

Oettinger dagegen verteidigte sich am Wochenende in der Welt: Dass er das Wort „Schlitzauge“ verwendet habe, sei nicht anstößig gemeint gewesen. „Das war eine etwas saloppe Äußerung, die in keinster Weise respektlos gegenüber China gemeint war.“Martin Kaul

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