Porträt: Kein Spaß für Stürmer
Zu den norddeutschen Ballsportvereinen, die seit Jahrzehnten verlässlich Spitzensport bieten, gehören die Handball-Frauen des VfL Oldenburg: Mit zwei kurzen Unterbrechungen sind sie seit 1980 Stammgast in der Handball-Bundesliga. Zur Meisterschaft hat es noch nicht gereicht, aber immerhin stehen ein Sieg im europäischen Challenge Cup sowie drei deutsche Pokalsiege zu Buche, der vorerst letzte im Jahr 2012.
Mit der Meisterschaft wird es auch in dieser Saison wohl nichts. Dabei hat das Team beim Heimsieg gegen Borussia Dortmund am vergangenen Mittwoch stark gespielt und – nach verpatztem Saisonstart – Hoffnungen auf eine Trendwende genährt. Mit sehr viel konkreteren, nämlich Titelhoffnungen sind die Oldenburgerinnen auf europäischer Bühne dabei: Vor gut einer Woche erreichten sie gegen Fleury Loiret aus Frankreich Runde drei im EHF-Pokal, wo nun mit dem dänischen Europapokalsieger TTH Holstebro ein dicker Brocken wartet.
Besonderes Augenmerk liegt dann wieder auf der jüngsten Spielerin von Trainer Leszek Krowicki: Torfrau Madita Kohorst ist gleich in ihrer ersten Bundesligasaison zum großen Rückhalt des Teams geworden. „Unser Angriff ist heute an Madita verzweifelt“, sagte etwa ihr Dortmunder Gegenüber Clara Woltering. „Wenn sie weiter fleißig trainiert, gehört ihr die Zukunft.“ Ein Lob, das umso schwerer wiegt, da Woltering die aktuelle Nationaltorhüterin ist und 200 Länderspiele absolviert hat.
Kohorst, seit Mitte Oktober 20 Jahre alt, zählt durch ihre starken Leistungen in den vergangenen Wochen zum Kreis derer, die Woltering einmal beerben können. Bundestrainer Michael Biegler hat sie jüngst in den erweiterten Kader für die Europameisterschaft in Schweden im Dezember berufen. „Madita ist eine tolle junge Torhüterin, die zu Recht nominiert wurde“, sagte Biegler jetzt nach dem Spiel gegen Dortmund, bei dem er neben Kohorst auch die erfahrenen Oldenburger Nationalspielerinnen Angie Geschke und Caroline Müller unter die Lupe nahm.
Viel beigetragen zu ihrer Entwicklung hat aus Sicht der Lehramtsstudentin selbst das „überragende Torwarttraining unter Alexander Vorontsov“, an dem sie schon als Juniorin teilnahm. Wie auch Rechtaußen Jenny Behrend schaffte die 1,85-Meter-Frau, die 2013 von Dinklage nach Oldenburg kam, den Sprung in die Bundesliga aus dem Nachwuchsteam des VFL. Dabei hat sie erst mit zehn Jahren den Weg zum Handball gefunden – und den ins Tor noch später: „Bei meinem zweiten Spiel hatte sich unsere Torfrau verletzt und ich habe mich bereiterklärt, einzuspringen. Seitdem stehe ich im Tor.“ RLO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen