Gleichstellung in Kleinstädten: Auf Rechnung der Kommunen
Niedersachsens Landtag schreibt jetzt auch kleineren Städten vor, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte einzustellen. Er trägt aber nicht alle Kosten
Wie der rot-grün dominierte Landtag in Hannover am Mittwoch mit einer Änderung der Kommunalverfassung beschlossen hat, soll künftig jede Kommune mit mehr als 20.000 Einwohnern mindestens eine halbe Stelle für eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte schaffen. Bisher galt das nur für die Landkreise und die größeren Städte. Grob gesagt geht es um die Städte und Gemeinden in der Größe zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern.
Der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen hält die Neuerung für übertrieben. „Aus meiner Sicht bringt das die Gleichstellung null voran“, sagt er. Es handle sich um reine Symbolpolitik. Kleine Gemeinden hätten gar nicht genügend zu tun für eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte. Überdies könnten die Gemeinden das Geld, das sie hier aufwenden müssten, besser für mehr Kindergärtnerinnen ausgeben. Damit würde etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf konkret verbessert. Und auch Oetjen findet, das Wer-bestellt-bezahlt-Prinzip verletzt.
Das Land bezieht sich beim Kostenausgleich auf eine halbe Stelle, wie sie die Gesetzesänderung vorschreibt. Weil Gleichstellungsbeauftragte zur Hälfte mit internen Aufgaben für Bereiche wie Personal, innere Organisation und Hauswirtschaft beschäftigt seien, müssten die Hälfte der halben Stelle die Kommunen selbst bezahlen. Das Land trägt letztlich die Personal- und Ausstattungskosten einer Viertelstelle.
Nach einer Novellierung des niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes müssen künftig nicht nur große Städte und Landkreise hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte beschäftigen sondern alle Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern.
Zu bisher 55 Kommunen kommen durch die Gesetzesänderung 80 hinzu.
Das Land bezahlt den Kommunen die Hälfte einer halben Stelle, weil das Gesetz nur eine halbe Stelle verpflichtend vorsieht. Dafür gibt es rund 1,6 Millionen Euro im Jahr aus.
Niedersachsen hat 971 Städte und Gemeinden, darunter zehn kreisfreie Städte, sieben große selbständige Städte, 60 selbständige Gemeinden und 122 Samtgemeinden.
Almut Woedtke, Leiterin der Vernetzungsstelle für Gleichstellungsbeauftragte, weist darauf hin, dass der Staatsgerichtshof schon 1996 geurteilt habe, es sei rechtmäßig, den Kommunen Gleichstellungsbeauftragte vorzuschreiben. Gleichstellung sei schließlich Verfassungsauftrag. Aber die Kommunen konnten sich bisher zur Not mit Ehrenamtlichen behelfen.
„Das Land hat die Standards klargestellt“, sagt Woedtke. Mehr noch: Sie hält es für unbefriedigend, dass das Land für die Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern keine Regelung getroffen hat. Die müssten weiterhin selbst zusehen, wie sie zurecht kämen. Schließlich sei die Gleichstellung auf einer Vielzahl kommunaler Handlungsfelder zu beachten – bis hin zur Aufstellung von Bebauungsplänen. Unterm Strich sagt sie: „Da hat das Land eine ganz gute Lösung gefunden, über die sich die Kommunen freuen können, weil sie Geld bekommen.“
Uneingeschränkt freuen können sich die mittelgroßen Kommunen, die heute schon hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte beschäftigen, wie etwa die selbstständige Gemeinde Sehne bei Hannover mit seinen rund 23.000 Einwohnern. „Ich gehe davon aus, dass auch wir unterstützt werden“, sagt Bürgermeister Carl Jürgen Lehrke (CDU) – sprich: Die 60-Prozent-Stelle, die die Gemeinde dafür seit Jahren freiwillig eingerichtet hat, finanziert in Zukunft knapp zur Hälfte das Land mit.
Sehndes Verwaltung zählt zurzeit rund 80 Köpfe. Aus Lehrkes Sicht hat die Gleichstellungsbeauftragte genug zu tun. Sie leite einen Arbeitskreis für Frauen, berate intern und extern. Sie sei an allen Maßnahmen im Hause, etwa bei Einstellungen und am Personalentwicklungskonzept beteiligt. Mit Blick auf Bebauungspläne sei mir ihr eine grundsätzliche Regelung getroffen worden, die umgesetzt werde.
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