: Wo Teddys in die Schule gehen
KINDERSTUBE Zum Untergang der „Titanic“ gab es einen Teddy in Trauer: Stoff-Bären spiegeln durchaus die Geschichte ihrer Zeit. Ergründen kann man das im Teddybär-Haus des Schleswiger Stadtmuseums
VON FRANK BERNO TIMM
Dörte Beier ist Profi. Mit versierten Griffen setzt die Kuratorin des Schleswiger Stadtmuseums dem Teddy-Bär Nr. 134 – seinen Namen trägt das Stofftier auf einem Etikett unter der Strickjacke – die Pudelmütze wieder auf. Normalerweise bevölkert der edle Petz zusammen mit ein paar anderen Filzfiguren eine Weihnachtsszene hinter Glas. Hier, im Teddybär-Haus des Schleswiger Stadtmuseums, sind Teile der Sammlung Anette und Mechthild Reichstein ausgestellt: Schönheiten aus Giengen, Hirschaid und Sonneberg – Orte also, wo die ganz Großen der Teddybärenhersteller-Zunft ihre Geschichte begannen.
Die Vitrinen in der ersten Museumsetage erzählen viele anmutige Geschichten. Da ist zum Beispiel eine Schulklasse aus Teddybären – ohne Lehrer allerdings. Und als 1912 die „Titanic“ unterging, reagierten Bärenmacher mit einem „Trauerbär“ ganz in Schwarz. Auch die „Urahnen“ des Teddybärs finden sich: Der eigentlich als Nadelkissen gedachte Elefant von 1880, von dem hier eine Replik zu sehen ist, mit dem alles begann.
Dörte Beier erzählt, dass die Ausstellung gerade im Umbruch ist. Künftig sollen noch mehr Szenen gezeigt werden, und die derzeit laufende Sonderschau mit Bären aus Thüringen wird bis Mitte 2013 abgebaut.
„Sie ist eine echte Kennerin“, sagt Dörte Beier über die Sammlerin Mechthild Reichstein, der die ganzen Teddybären gehören. Vor vier Jahrzehnten habe sie begonnen, indem sie nicht auf hochpreisige Auktionen, sondern auf Flohmärkte ging. Rund 2.000 Bären plus Spielzeug umfasst die Sammlung, die rund 10.000 Besucher pro Jahr anzieht. Begeisterung, sagt die Kuratorin, gebe es bei allen Generationen – trotz Handys und Computerspielen. Und in der Tat: Schon die Präsentation – die Bären sind mit anderem Spielzeug, mit historischen Kinderbüchern, mit Fotos kombiniert – weckt viele Assoziationen.
Und wer den Teddys ins Gesicht schaut, wird schnell merken, wie individuell sie gestaltet sind. Das hängt vermutlich mit der Sorgfalt bei deren Herstellung zusammen. Dörte Beier zeigt sorgfältig genähte Gesichtszüge und extra befestigte Augen.
Auch wer sich mit der Herstellungsgeschichte der Bären beschäftigen will, kommt in Schleswig auf seine Kosten: Steiffs berühmter Knopf im Ohr und Hermanns siegelartiges Signet sind deutliche Zeichen dafür, dass die Hersteller schnell versuchten, sich vor Nachahmern zu schützen. Nicht zuletzt passt auch die Umgebung: Das Seitengebäude des Günderroth’schen Hofes, in dem das Stadtmuseum seinen Sitz hat, ist ein Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert und war bis vor zehn Jahren noch bewohnt. Dann, berichtet Dörte Beier, wurde es restauriert und für die Teddybären hergerichtet.
Im Erdgeschoss ist das Museumscafé im Übrigen gerade für den Weihnachtsmarkt freigeräumt, ebenso ein Raum für museumspädagogische Veranstaltungen.
geöffnet Di bis So 10–17 Uhr
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