der rechte rand: Martin Hohmann: „Die Juden ...“
Wegschauen geht nicht: 25 Prozent mehr Neonazis haben die Verfassungsschützer im vergangenen Jahr gezählt. Für die taz nord beobachtet Andreas Speit den rechten Rand. Kontinuierlich.
Eine „geistig-moralische Erneuerung“ streben viele Gesellschaften rechts von der Union an. Die „Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft“ (SWG) ist eine davon im Norden. 1962 wurde sie von Hugo Wellems, einst Referent in Joseph Goebbels‘ „Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“, mitbegründet – ohne das „Diktat der Umerziehung“ durch die Alliierten. Seitdem bemüht sich die SWG im „vorpolitischen Raum“, die „Orientierungslosigkeit im Volke“ zu beenden.
Vergangenen Freitag trug Martin Hohmann bei der SWG in Kiel seine „Gedanken zum Nationalfeiertag“ vor. Über 100 Damen und Herren waren an dem Abend in den Saal „Kaiser Friedrich“ gekommen. „So viele Gäste haben wir nicht erwartet“, sagte Stephan Ehmke, Sprecher der Kieler SWG und CDU-Ratsherr. Eiligst wurden noch Stühle an die Tische gestellt, auf denen die neurechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ und Einladungen der „Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU“ auslagen. „Patrioten wie wir kennen Sie“, begrüßte Ehmke erfreut Hohmann. Im November 2004 musste Hohmann die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wegen seiner Rede zum Nationalfeiertag 2003 verlassen. Er hatte über die „Juden“ als „Tätervolk“ sinniert. Doch hier begrüßte Ehmke ihn als „Mann der klaren Worte“ und betonte, wie sehr er sich freue, Hohmann für die Gedenkveranstaltung anlässlich der „Vereinigung von West- und Mitteldeutschland“ gewinnen zu können. Wo Ostdeutschland für ihn liegt, ließ er offen.
Durch gezielte Wortwahl glänzte Hohmann auch bei seinen Ausführungen zur bundesdeutschen Gesellschaft, in der sich „alles ums Geld drehe“. Das Selbstbewusstsein der Nation, der Arbeitsmarkt, der Bevölkerungszuwachs und der Bildungsstand seien zur Kaiserzeit besser gewesen. Nicht umsonst habe das Kaiserreich Personen wie Konrad Adenauer hervorgebracht, der das Volk schützen wollte, indem er einer „einmaligen Entschädigungszahlung an Israel“ zustimmte.
„Diese gierigen Juden“, raunte es prompt am Nachbartisch. Adenauer, so Hohmann weiter, hätte auch das Rückgrat gehabt, in Israel zu betonen: „Die Nazis haben nicht weniger Deutsche als Juden ermordet.“ Was würden die Medien heute aus solchen Aussagen machen, fragte er und antwortete: „Adenauer wäre wegen Antisemitismus aus der CDU ausgeschlossen worden“. Großes Gelächter und langer Applaus.
So redete man an diesem Abend bei der SWG, sich unbeobachtet fühlend. Wer hinter der Kampagne gegen ihn gestanden habe, wollte ein etwa 50-Jähriger Herr von Hohmann wissen. „Kreise des Zentralrats der Juden“, erwiderte Hohmann. „Wenn Paul Spiegel sagt: ‚schlimmster Fall von Antisemitismus‘, dann flattern die Hosen.“ Das Monumentale des Holocaust-Mahnmals erinnere ihn an Albert Speer, schob er nach. „Dann wäre es schöner“, warf ein etwa 40-jähriger Mann ein.
Die SWG, betont Professor Wolfgang Gessenharter von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, ist „ein wichtiges Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“. Trat doch der SWG-Vorsitzende, General a.D. Reinhard Uhle-Wettler, schon vor längerem bei der „Gesellschaft für freie Publizistik“ auf, laut Verfassungsschutz der „bedeutendsten rechtsextremistischen Kulturvereinigung“.
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