Knatsch in Italiens 5-Sterne-Bewegung: Ein Stern weniger in Parma
Parmas Bürgermeister hat das M5S verlassen. Eine Bande von Taliban und ignoranten Karrieristen beherrsche die Partei, sagt Federico Pizzarotti.
Als Pizzarotti im Jahr 2012 völlig überraschend das Rathaus der 170.000-Einwohner-Stadt Parma eroberte, markierte er den ersten großen politischen Erfolg des damals noch national als unbedeutend eingeschätzten M5S und stieg so zu einer der Symbolfiguren der Bewegung auf, gefeiert von Grillo genauso wie von der Basis.
Doch vom M5S-Promi mutierte er in den folgenden Jahren zunehmend zum Paria. Grillo verzieh Pizzarotti nicht, dass er gegen sein Wahlkampfversprechen eine kommunale Müllverbrennungsanlage in Betrieb genommen hatte, weil die Verträge anderenfalls der Kommune Strafzahlungen in Millionenhöhe aufgebürdet hätten. Pizzarotti fiel als einer der wenigen M5S-Frontleute auf, die immer wieder Kritik an den intransparenten Entscheidungsstrukturen der Bewegung übten.
Klima der Angst
Anders als andere Dissidenten wurde er jedoch nicht ausgeschlossen. Im Mai 2016 wurde der Bürgermister aber von seiner M5S-Mitgliedschaft suspendiert. Der Grund: Pizzarotti habe ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs verschwiegen.
Das Verfahren ist mittlerweile eingestellt, der Bürgermeister reingewaschen – seine Suspendierung aber blieb. Offenkundig zielte Grillo darauf, Pizzarotti so die politische Zukunft zu verbauen. Im Frühjahr 2017 stehen wieder Kommunalwahlen in Parma an, und als suspendiertes Mitglied hätte er nicht erneut für das M5S antreten können.
Darauf hat er jetzt reagiert. „Nicht ich habe mich verändert, sondern sie“, erklärte er. „Taliban“ und „ignorante Karrieristen“ beherrschten die Szene, im M5S herrsche ein Klima der Angst. Es gilt als wahrscheinlich, dass er im nächsten Jahr mit einer unabhängigen Bürgerliste zu den Kommunalwahlen antritt.
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