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Wirtschaft und Arbeit zu zweit

von BARBARA DRIBBUSCH

In einer großen Koalition aus CDU/CSU und SPD wird die bisherige Beschäftigungspolitik wahrscheinlich ohne einschneidende Veränderungen weitergeführt – das lässt sich aus der Neuzuschneidung der Ressorts Arbeit und Wirtschaft schließen, die gestern bekannt wurde. Danach soll es künftig ein Wirtschaftsministerium unter dem neuen CSU-Minister Edmund Stoiber geben. Das neue Arbeitsministerium hingegen wird von einem SPD-Mann geleitet. Im Gespräch dafür war gestern zunächst der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt.

Die Aufteilung des bisherigen, von Wolfgang Clement geleiteten „Superministeriums“ für Wirtschaft und Arbeit in künftig zwei neue Ministerien ist ein Signal für eine künftige politische Rollenverteilung. Wenn das Arbeitsministerium von einem SPD-Mann geführt wird, dürften die Pläne der CDU, die Tarifautonomie zu beschneiden und betriebliche Bündnisse auch ohne Zustimmung der Gewerkschaften zuzulassen, kaum umgesetzt werden. Gestern hieß es, man wolle diesbezüglich „mit den Sozialpartnern reden“. Da aber die Gewerkschaften ganz klar dagegen sind, wird es zu gesetzlichen Öffnungsklauseln für Tarifverträge nicht kommen. Die Union wird ein paar Zugeständnisse beim Arbeitsrecht einfordern, etwa beim Kündigungsschutz. Hierzu hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger bereits „Modellversuche“ angeregt.

Die designierte Kanzlerin Angela Merkel hat den Gewerkschaften auch neue Gespräche über ein „Bündnis für Arbeit“ angeboten. Vor erneuten Showrunden ohne den geringsten Jobeffekt dürften aber auch SPD-Sozialpolitiker einen Horror haben. Die Gespräche zum „Bündnis für Arbeit“ mit Politik, Arbeitgeberverbänden und Spitzengewerkschaftern waren im Jahr 2003 ergebnislos abgebrochen worden, weil kein Gesprächspartner auf die Bedingungen der Gegenseite eingehen wollte. Dennoch rechnen auch Gewerkschafter mit einer Neuauflage eines Gesprächs zwischen Politik, Arbeitgebern und Gewerkschaften – nur unter einem neuen Namen.

Ohnehin sind es vor allem die knappen öffentlichen Kassen, die groß angelegte Beschäftigungsinitiativen eher unwahrscheinlich machen. Die Union liebäugelt mit Lohnkostenzuschüssen für gering Qualifizierte, auch Schmoldt hat sich gestern auf dem Gewerkschaftstag dafür ausgesprochen. Doch diese Ideen gab es schon einmal – unter dem früheren SPD-Arbeitsminister Walter Riester, der 2002 ausgewechselt wurde. Alle breit angelegten Konzepte für Kombilöhne habe sich als sehr teuer erwiesen – es wird wohl nur zu Einzelmaßnahmen kommen.

Im nächsten Jahr könnte immerhin das Wachstum bei 1,1 Prozent statt derzeit 0,7 Prozent liegen, rechnete das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gestern vor. Doch mit zusätzlichen Jobs ist bei dieser Wachstumsrate nicht zu rechnen, so hat der scheidende Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) erst vor anderthalb Wochen verkündet. Die Erwerbslosen können also nach wie vor nur auf ihr ganz persönliches Glück und Geschick hoffen. So wie derzeit auch unter Rot-Grün.

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