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Press-SchlagManche Dinge ändern sich nie, selbst wenn sich die Dinge ändern

Nach dem ersten Spieltag gleich wieder auf eins: die Münchner Bayern. Dass das so bleibt, dafür sorgt auch eine Reform der Champions League

So manch einer ist einfach mal weg. Soll ja vorkommen. Ein halbes Jahr auf der anderen Seite der Welt. Dort spielen sie Cricket oder Aussie Rules Football, aber am allerliebsten Rugby. Doch bevor man die Regeln vollkommen durchdrungen und die lang zurückreichenden Traditionen aufgesogen hat, ist man auch schon wieder zurück in der alten Heimat. Also guckt man – da war doch noch was – aus Gewohnheit mal wieder auf die Bundesliga-Tabelle. Und stellt leider fest: Manche Dinge ändern sich eben nie.

Bayern München steht nach dem ersten Spieltag auf dem ersten Tabellenplatz. Und dort werden die Bayern auch am Ende der Saison zu finden sein. Da sind sich alle einig. Nur Jérôme Boateng sagt, die anderen haben gut eingekauft und sind gefährlich. Aber das glaubt ihm niemand.

Nicht so einig ist man sich, ob das gut für den Fußball ist oder schlecht, dass man jetzt schon weiß, wer nach dem 34. Spieltag ganz oben stehen wird. Vor allem in München und Umgebung gibt es, so hört man, Menschen, die das gut finden.

Zu diesen Menschen gehört ein gewisser Karl-Heinz Rummenigge. Der hat früher einmal selbst Fußball für Bayern München gespielt. Und zwar zu einer Zeit, in der auch mal der Hamburger SV oder Werder Bremen die Bundesliga gewinnen konnten. Ja, sogar der 1. FC Köln durfte einmal Meister werden. Selbst den Europapokal der Landesmeister, wie die Champions League damals hieß, konnte der HSV gewinnen. Okay, der 1. FC Köln nicht. Aber Aston Villa oder Steaua Bukarest.

Mittlerweile ist aus dem Fußballprofi Karl-Heinz Rummenigge der Vorstandschef der Bayern München AG und Vorsitzender der European Club Association (ECA), die die Interessen der Großklubs vertritt, geworden. Unter seiner Regentschaft haben sich der deutsche und der europäische Fußball zu wenig abwechslungsreichen Veranstaltungen entwickelt. In Deutschland gilt der Grundsatz: Bayern München wird Deutscher Meister. In Europa: Die Champions League gewinnen Real Madrid, FC Barcelona, Bayern München oder das englische Spielzeug eines russischen Oligarchen.

Der ECA-Boss Rummenigge hat nun dafür gesorgt, dass das auch so bleibt. Bei der kürzlich beschlossenen Reform der Champions League wurden nicht nur die großen vier Ligen in England, Spanien, Deutschland und Italien gestärkt, die künftig vier Vertreter ohne Qualifikation in die Gruppenphase und damit an die millionenschweren Geldtöpfe schicken dürfen. Vor allem aber hat die Lobbyorganisation ECA dafür gesorgt, dass der sogenannte Teamkoeffizient zugunsten der Kassenlage der Großkopferten verändert wird. Wenn nun also, was niemals passieren wird, der 1. FC Köln tatsächlich Deutscher Meister werden würde und anschließend, was die Uefa verhüten möge, das Cham­pions-League-Endspiel gewinnt, würde der FC doch niemals so viel Geld verdienen wie der FC Bayern. Denn manche Dinge ändern sich nie, selbst wenn sich die Dinge ändern. Oder, in diesem Fall sogar: weil sich die Dinge ändern.

Thomas Winkler

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