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Sex und Spiele – literarisiert im HipHop-Milieu

Lesung Eric Keil liest heute aus seinem Roman „Raum in einem Raum“ in der Buchhandlung Disko in Pankow

Autor und HipHop-Musiker Eric Keil Foto: Korbinian Verlag/William Minke

Sex und Spiele mag der Mensch; so manche/r schätzt auch deren Kombination. Und wenn die Spielregeln dabei nicht so richtig klar sind, so kann das sogar einen Lustgewinn bedeuten.

Das merkt auch Bernard, die männliche Hauptfigur in Eric Keils Novelle „Raum in einem Raum“. Für ihn ist es ein wahrer Segen, dass ihn Aggy, eine von oben bis unten mit krakeligen Tattoos verzierte, hagere Frau, zu einem Spiel sexueller Art bittet. Denn Bernard steckt in einer existenziellen Krise, alles erscheint ihm bedeutungslos: die Arbeiten in der Kanzlei, das „berufsmäßige Rumhängen“ am Abend, die Beziehung zu seiner allzu perfekten Partnerin Sylvia.

Gerade zum rechten Zeitpunkt schlägt also Aggy, die wiederum eigentlich mit Gary liiert ist, eine Art Partnertausch mit ungewissem Ausgang vor: „Es gibt da so eine Sache, die wir manchmal machen, wenn wir Paare kennenlernen, die uns gefallen. Eine Art Spiel.“ Die Regeln bestimme ein geheimer Code, sagt sie. Das oberste Gebot: Es dürfe nicht darüber gesprochen werden.

Dies ist die Ausgangssituation, die der Berliner Autor Eric Keil in seinem Kurzroman konstruiert. Daraus entwickelt sich eine Handlung, wo auf einer Ebene sexuelle Extreme ausgetestet und/oder fantasiert werden und auf der anderen ein Kunstwerk namens „Raum in einem Raum, Tür hinter einer Tür“ pars pro toto für die Sinnsuche des Protagonisten steht. Den 60-Seiten-Reader, der im Juni im Korbinian Verlag erschienen ist, kann man zwar schnell zwischendurch runterlesen – die Figuren und die Themen aber hängen einem länger nach.

Dass Keil popkulturell sozialisiert ist und HipHop und Battle-Rap nahesteht, ist seiner Sprache wie seinen Charakteren anzumerken. Unter seinem Alias Justus ist der 39-Jährige in der HipHop-Szene bekannt geworden. Er veröffentlichte einige EPs und Alben unter diesem und anderen Pseudonymen. Man darf also gespannt sein, wie es klingt, wenn er selbst aus seinem Werk liest – wozu man am heutigen Donnerstag in der Pankower Buchhandlung Disko Gelegenheit hat.

Der Sound in seiner Novelle ist drastisch, wie man es aus dem HipHop kennt, der Slang klingt, als wäre man in den Clubs dieser Stadt unterwegs, und die Figuren sind größenwahnsinnig, irre und/oder ­bekokst. Die männlichen Charaktere sind ­besonders jämmerlich, wie schnell klar wird, als Gary gegenüber Bernard über die Hohlheit der „Bitches“ sinniert.

Für die Themen der Novelle – Vertrauen und Verrat, Begierde, Sinnsuche – sind Figurenkonstellation und Handlung geschickt angelegt. Vieles spielt sich zwangsläufig in den Gedankengängen der Figuren ab; dem Leser hilft dies, die Psychologie der Charaktere zu verstehen. Allen voran die von Aggy und Bernard. Sie, die Kühle, die Strategin, die die scheinbaren Regeln vorgibt und von der man doch nicht so genau weiß, welches Spiel sie – vielleicht ­mithilfe ihres eigentlichen Partners Gary? – spielt. Und er, der zuvor verborgene Seiten seiner Persönlichkeit auslebt und bei dem man unweigerlich an eine Bret-Easton-Ellis-Figur denken muss.

Die Dramaturgie weiß zu überzeugen. Lange weiß man nicht so genau, was sich eigentlich zwischen Sylvia und Gary abspielt. Derweil lernt man Bernard und Aggy besser und besser kennen – und weiß umso weniger, wozu die beiden noch in der Lage sein werden. Und was eigentlich dieses Kunstwerk zu bedeuten hat.

Sprachlich ist Eric Keil insgesamt ein guter Roman geglückt. Thematisch passt der Charakter Bernard gut in die Zeit der sogenannten Krise der liberalen Gesellschaft. Bemängeln kann man, dass die Konstruktion und die Motive recht simpel gewählt sind und auch so einfach funk­tionieren (zum Beispiel der „leere Raum“ im Physischen wie im Psychischen).

Zudem wirkt ausgerechnet der Beginn der Erzählung etwas bemüht, ehe sie in einen Flow kommt. Dann aber zieht sie den Leser hinein in die Seelenwelt der Protagonisten. Angenehm ist das meist nicht, dafür umso lesenswerter.

Eric Keil, „Raum in einem Raum“. Korbinian Verlag 2016, 60 Seiten, 10 Euro

Lesung: 25. August, 20 Uhr, Buchhandlung Disko, Flora-straße 37, Pankow. Daneben liest auch taz-Autor Juri Sternburg aus seinem Buch „Das Nirvana Baby“.

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