: Henker nicht zu erkennen
Schöneweide Bündnis gegen Nazis zieht positive Bilanz nach drei Jahren
Heute ist es kaum vorstellbar, dass in dieser ruhigen Straße mit beschaulichen Altbauten Naziaufmärsche, Schmierereien und Gewalt zum Alltag gehörten. In den 90er Jahren war die Brückenstraße in Schöneweide die Hochburg der Naziszene. Mit Kneipen, Geschäften und WGs beherrschten Rechtsextreme das Straßenbild. „Zum Henker“ hieß ihre Stammkneipe. Auf der Getränkekarte standen Cocktails mit den Namen „Himmler“ und „KZ“. Unmöglich als Mensch mit Migrationshintergrund durch diese Straße zulaufen.
Nun ist das anders. Seit Januar 2015 ist in den Räumlichkeiten des Henkers die Pizzeria Anima E Cuore, betrieben von der Libanesin Hanan al-Kassem. „Wir mussten einige der Wände rot streichen, damit wir die nordischen Gottheiten überpinseln konnten,“ sagt sie.
Wie schafft man es, Nazis eine Szenestraße zu entreißen? Diese beantwortet Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick: „Es wurde erkannt, dass die Brückenstraße kein lokales Problem ist, sondern ganz Berlin angeht.“ Er ist einer der Mitglieder des Beirats Schöneweide, der am Freitag die Bilanz ihrer Arbeit in der Pizzeria vorstellte. „Die rechtsextreme Infrastruktur wurde durch die dreijährige Zusammenarbeit des Landes, des Bezirk Treptow-Köpenik, der Verwaltung und der Zivilgesellschaft durchbrochen“, berichtet Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR).
Einsatz der Vermieter
Der Beirat hat etwa durchgesetzt, dass seit April 2014 die kommunalen Wohnungsunternehmen Degewo und Stadt und Land Klauseln in ihre Gewerbeverträge aufnehmen, die verbieten, Räume für rechtsextreme Zwecke zu nutzten. Außerdem versuche man durch die Zusammenarbeit mit dem Einkaufcenter Zentrum Schöneweide und der Initiative „Handeln statt wegsehen“ den S-Bahnhof Schöneweide vor Schmierereien und rechter Gewalt zu schützen.
„Trotz des Erfolgs sind wir uns einig, dass wir uns nicht zurücklehnen dürfen,“ so Bianca Klose. Denn der Rechtsextremismus bleibe in den Köpfen. Und viele der ehemaligen Besucher des Henkers wohnten noch in der Straße. Daryna Sterina
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