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American PieDas Tier im Visier

UFC-Kämpfer und WWE-Wrestler Brock Lesnar steht unter Doping-Verdacht

Die Angriffslust des Brock Lesnar ist verflogen. Der Mann mit dem martialischen Schwert-Tattoo auf der massiven Brust, dem blonden Bürstenhaarschnitt und dem überdimensional gewaltigen Oberkörper ist in der Defensive. „Wir werden der Sache auf den Grund gehen“, teilte der 39-Jährige am vergangenen Samstag mit. Seitdem herrscht Funkstille. Auf den Grund gehen will er der positiven Dopingprobe, die bei ihm festgestellt wurde. Sie stammt vom 28. Juni, wenige Tage vor Lesnars Rückkehr ins Achteck der Mixed-Martial-Arts-Liga UFC nach fünfjähriger Abwesenheit bei „UFC 200“ und dem einstimmigen Sieg über Mark Hunt am 9. Juli. Eine Bestätigung des Befunds könnte nicht nur seinen beiden aktuellen Arbeitgebern – neben der UFC noch der Wrestling-Veranstalter WWE – beträchtliche Unannehmlichkeiten verursachen, sondern auch das eigene Image schwer beschädigen.

Lesnar ist aktuell der größte Publikumsmagnet der Wrestling- und Kampfsportwelt. Neben seiner imposanten physischen Erscheinung hat er dazu die Aura des „echten Athleten“ durch seine Erfolge als College-Ringer um die Jahrtausendwende. Die Auftritte des 130-Kilogramm-Kolosses – tierischer Spitzname: „The ­Beast“ – sind Garant für Quoten und hohe Pay-per-View-Verkäufe.

„Das Ganze sieht zuerst für die UFC einfach furchtbar aus“, sagt auch Kampfsport-Experte Jonathan Coachman vom US-Sportsender ESPN. Bereits der für UFC 200 mit Spannung erwartete Hauptkampf zwischen Jon Jones und Light-Heavyweight-Titelträger Daniel Cormier musste schon im Voraus gestrichen werden – nachdem bei Jones drei Tage vor dem Kampf die Einnahme verbotener Östrogen-Blocker festgestellt wurde. Nun ist auch Lesnar im Visier.

Schon in den Tagen und Wochen vor der Veranstaltung warf Hunt selbst seinem Gegner immer wieder Doping vor: „Schaut ihn euch doch nur mal an. Der ist doch bis oben hin vollgepumpt.“ Nun fordert der Samoaner Lesnars komplette Kampfbörse von 2,5 Millionen US-Dollar für sich ein.

Neben der augenscheinlichen Doping-Problematik – immer wieder werden Kämpfer gesperrt und Events kurzfristig abgeändert – wird UFC-Chef Dana White auch rechtfertigen müssen, warum eigens für das kurzfristig angesetzte Lesnar-Comeback die übliche Phase von mindestens vier Monaten unter Aufsicht der Usada außer Kraft gesetzt wurde.

Die WWE indes – die sich seit Jahren als Anti-Doping-Kämpferin geriert – steht vor einer schweren Entscheidung: Wird Lesnar gesperrt, obwohl er außerhalb seiner vertraglichen Verpflichtungen positiv getestet wurde? Ohnehin war der nächste Auftritt im Ring erst für Ende August geplant, beim „Summer Slam“, einer weiteren lukrativen Großveranstaltung. Das Event findet in New York statt. Die dortige „Athletic Commission“, quasi die staatliche Sportregulierungsbehörde, hat bereits mitgeteilt, zumindest gegen einen Wrestling-Einsatz Lesnars keine Einwände zu haben, da in New York für Events der „Seifenoper im Ring“ nur der Veranstalter eine Lizenz braucht. Für den „realen“ Sport MMA wäre er dagegen gesperrt. „Brock Lesnar wird erst am 21. August zurückkehren“, hieß es in der einzigen WWE-Stellungnahme.

Nicht zuletzt die Präsentation Lesnars als Über-Athlet würde mindestens angekratzt. Der „Junge vom Land“ (Lesnar über Lesnar) wird von der WWE seit seinem Debüt 2002 vermarktet als unaufhaltsame Naturgewalt, die durch das Gegnerfeld pflügt. Dass WWE-Patriarch Vince McMahon seiner Attraktion zähneknirschend die parallele Rückkehr zur UFC erlaubte, galt unter Branchenkennern als deutliches Zeichen, wie wichtig Lesnar für die sonst immer auf Exklusivität bedachte WWE ist. Das Entgegenkommen scheint zum Eigentor zu werden.

„Wenn die Usada testet, ist das Ergebnis immer korrekt. Die irren sich nie“, sagt Chael Sonnen, einst selbst UFC-Kämpfer, heute TV-Experte. Sonnen muss es wissen – er wurde selbst zwei Mal des Dopings überführt.

David Digili

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