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Im Dickicht der Verwaltung: Wie schlagen Sie sich durch?

Test Dass in den Behörden vieles schiefläuft, merken die BerlinerInnen spätestens, wenn sie einen Pass beantragen. Einige kapitulieren, andere werden kreativ. Und Sie?

Wildwuchs in Prenzlauer Berg: Eigentlich sollte hier auf dem Campus der Tesla-Gemeinschaftsschule ein alter Plattenbau saniert werden. Doch konnten sich Senat und Bezirk nicht über das Bauprojekt einigen Foto: Joanna Kosowska

Von Stefan Alberti, Malene Gürgen, Claudius Prößer UNDAlke Wierth

1.Der Herzinfarkt naht, Sie können gerade noch zum Hörer ­greifen und die 112 wählen. Dort erklingt Mozarts „Kleine Nachtmusik“: Sie sind in der Warteschleife gelandet. Was tun Sie?

a.Ich habe natürlich direkt auf mehreren Kanälen die Notruf­nummer gespeichert. Dass ich damit anderen Notfällen die ­Leitungen blockiere, ist Nebensache. Als deutscher Beamter werde ich schließlich noch gebraucht!

b.Nun, da scheint es wohl wichtigere Fälle als meinen zu geben. Mit einem letzten zufriedenen Seufzer hauche ich in dem Bewusstsein, ein braver Bürger gewesen zu sein, mein Leben aus.

c.Ich dreh’ mir erst mal eine.

2. Mist! Ihr Reisepass ist abgelaufen, doch die Flugtickets sind schon gebucht. Was nun?

a.Natürlich wissen Sie, dass es im Serviceportal der Bürgerämter auch für in zwei Monaten keine Termine geben wird. Deshalb rufen Sie gleich früh am Morgen die Behördenhotline 115 an, um nach stadtweit kurzfristig abgesagten Terminen zu fragen.

b.Sie akzeptieren, dass es keine Termine mehr gibt, und fahren an die Ostsee.

c.Keine Termine im Bürgeramt? Egal, wird schon ohne Pass gehen an der Grenze – die beim Zoll sollen sich mal nicht so haben.

3. Freunde sind eingeladen, Grillkohle ist gekauft, die Koteletts liegen in einer Marinade aus wildem Pfeffer und Lavendel­blüten. Doch als Sie an Ihrem Stammgrillplatz im Park ankommen, ist der völlig verdreckt, der Müll stapelt sich in alle Richtungen. Was tun Sie?

a.Die Bezirke sind mit der Reinigung überfordert, also habe ich mir extra einen der zwölf Parks gesucht, für dessen Säuberung in diesem Sommer die BSR zuständig ist. Deren Telefone stehen jetzt erst mal nicht mehr still!

b.Dann wird eben zu Hause auf dem Balkon gegrillt. Ach nein, das verbietet ja die Hausverwaltung!

c. Frisbee und Federball war gestern, das neue Spiel heißt Müllweitwurf. Der ganze Park wird eingebunden, wer am weitesten schleudert, bekommt ein Bier. Mein Platz ist danach sauber!

4. Sie wollen eine Wohnung günstig an eine Flüchtlingsfamilie vermieten. Wie gehen Sie vor?

a.Ich fotografiere die Familie mitsamt ihren Kindern beim ­Schlafen auf Plastikplanen in einer regnerischen Nacht im Park. Die Fotos gebe ich an die Zeitung. Dann gehe ich mit dem bereits unterzeichneten Mietvertrag zum Amt.

b.Ich rufe beim Landesamt für Gesundheit und Soziales an. Weil da niemand rangeht, schreibe ich eine Mail. Das war vergangenen Mai. Jetzt warte ich auf Antwort.

c. Miete? Wird überschätzt. Der Familienvater, erfahrener IT-Spezialist, wartet meine Computer. Die Mutter kann super ­kochen, putzen auch. Den Einkauf erledigen die Kinder nach der Schule, die Eltern können ja wegen anderer Aufgaben (siehe oben) eh noch kein Deutsch. So geht Integration gleich mit!

5. Auf Ihrem Arbeitsweg müssen Sie Slalom radeln, weil ständig Autos in zweiter Reihe parken. Wie wehren Sie sich?

a.Sie senden Fotos an die Falschparker-Melde-App und die Bild-Leserreporter-Redaktion.

b.Sie rufen die Polizei an. Die verweist Sie ans Ordnungsamt, weil das für den ruhenden Verkehr zuständig ist. Für das Ordnungsamt gehört die zweite Reihe zum fließenden Verkehr, es verweist Sie an die Polizei.

c.Sie nehmen selbst das Auto.

A, B oder C? Welche Buchstaben haben Sie am häufigsten angekreuzt? Die Auflösung finden Sie hier.

Auflösung

A. Der Verwaltungsfuchs:

Sie kennen alle Tricks und haben keine Skrupel, diese anzuwenden. So umschiffen Sie die Untiefen der Berliner Verwaltung, als hätten Sie das gelernt. Moment mal – vermutlich sind Sie selbst MitarbeiterIn einer Behörde?!?

B. Das Verwaltungsopfer:

Sie halten sich an die Regeln, weil die ja das stabile Gerüst unseres gesellschaftlichen Miteinanders sind. Vorbildlich – jedenfalls aus Behördensicht. Was Ihre Erfolgsaussichten angeht, allerdings ziemlich blöde. Sie sind der biedere Bürger, der gute alte deutsche Michel. Schnarch!

C. Der Aussteiger:

Legal? Illegal? Scheißegal! Sie finden Ihre eigenen unkonventionellen Lösungen, um den Kontakt mit Behörden möglichst zu begrenzen. Aber Vorsicht: Resignation führt zu Stagnation! Stillstand! Tod!

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