: Vorwurf „schwerer Landfriedensbruch“
JustizU-Haft nach Demonstration zur Rigaer Straße 94 – unverhältnismäßig, sagt Rechtsanwalt
„Freiheit für Aaron und Balu“ lautet eine Parole, die in den letzten Wochen vermehrt in Berlin auf Plakaten zu sehen ist. Bei den Namen handelt es sich um die Pseudonyme von zwei jungen Männern aus Wien und Münster, die seit knapp einem Monat in der Justizvollzugsanstalt Moabit in Untersuchungshaft sitzen.
Aaron arbeitet im IT-Bereich und Balu ist Student. Verhaftet wurden sie am Rande einer Solidaritätsdemonstration Anfang Juli mit dem Hausprojekt Rigaer Straße 94 in Friedrichshain. Das Haus war damals teilweise geräumt worden. Ein Gericht hat die Maßnahme mittlerweile für rechtswidrig erklärt.
BewohnerInnen und UnterstützerInnen hatten in der angespannten Situation unter der Parole „Investorenträume platzen lassen“ zu einer Demonstration durch Friedrichshain aufgerufen, an der sich etwa 4.000 Menschen beteiligt hatten. Dabei kam es an einigen Stellen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am Rande der Demonstration wurden die beiden Männer festgenommen. Ihnen wird schwerer Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsrecht vorgeworfen.
Belastet werden sie von PolizistInnen, die sie beim Werfen von Gegenständen gesehen haben wollen. Beim Haftprüfungstermin Ende Juli wurde die Fortdauer der Untersuchungshaft wegen möglicher Fluchtgefahr angeordnet.
Doch Rechtsanwalt Nils Spörkel hat jetzt Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt, die er für unverhältnismäßig hält. „Es wäre wahrscheinlich keine U-Haft verhängt worden, wenn die beiden nicht bei einer Demonstration zur Rigaer Straße 94 festgenommen worden wären, die in der Öffentlichkeit mit Randale verbunden wird“, meint Spörkel gegenüber der taz. Beide Beschuldigte sind nicht vorbestraft und haben einen festen Wohnsitz. Zudem würde nach der aktuellen Beweislage eine mögliche Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, führt Spörkel Argumente für eine Freilassung von Aaron und Balu bis zum Gerichtsprozess an.
Der soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft vor einem Schwurgericht stattfinden, was Spörkel als weitere juristische Verschärfung ablehnt. In einer gemeinsamen Erklärung haben die beiden Gefangenen die Fortdauer ihrer U-Haft als „Beweis für die politische Motivation unserer Inhaftierung“ bezeichnet. Eine Solidaritätsgruppe hat sich zur Unterstützung der beiden gegründet. Peter Nowak
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