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Moscheedachverband Ditib unter Verdacht

KONFLIKT Bundespolitiker wollen Einfluss begrenzen, da Verband von Ankara gesteuert sei

Ditib-Sprecher Altuğ spricht von „Bashing von Muslimen“

BERLIN dpa/epd | In der Diskussion über die politische Entwicklung in der Türkei gerät nun der von Ankara kontrollierte deutsche Moschee-Dachverband Ditib ins Visier. Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich dafür aus, den Einfluss von Ditib hierzulande einzuschränken. „Meines Erachtens sollte man es nicht zulassen, dass ein Verband wie Ditib, der offenbar Sprachrohr von Präsident Erdoğan ist, den islamischen Religionsunterricht in Schulen gestaltet“, sagte er am Sonntag der Funke Mediengruppe.

Auch Unions-Bundesvize Armin Laschet forderte im Deutschlandfunk, Ditib müsse „sich völlig neu organisieren und unabhängig machen“. Die SPD-Religionsexpertin Kerstin Griese sagte, es könne nicht geduldet werden, dass „Erdoğans Politik in deutsche Moscheegemeinden hineingetragen wird“. Der Grüne Volker Beck bekräftigte, es sei gut, dass die deutsche Politik im Umgang mit dem Verband „ihre Naivität“ ein Stück weit abgelegt habe.

Ditib ist der größte Islamverband in Deutschland und eng mit der türkischen Relgionsbehörde Diyanet verbunden. Diese schickt etwa Imame in Ditib-Moscheen und bezahlt sie. In mehren Bundesländern arbeitet Ditib bei der Gestaltung des Religionsunterrichts mit.

Mit den jüngsten innertürkischen Konflikten geriet der Verband in die Kritik. Er hatte sich auf Seiten Erdoğans gestellt und zu Solidaritätsdemonstrationen in Deutschland aufgerufen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung setzte am Freitag die Verhandlungen mit Ditib und anderen islamischen Verbänden über einen islamischen Religionsunterricht aus. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte, man wolle sich nach dem Putschversuch zunächst ein umfassenderes Bild über die neue Situation machen.

Auch in Niedersachsen gerieten die Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit den Muslimen ins Stocken. Das baden-­württembergische Kultusministerium wertet derzeit ebenfalls Ditib-Aussagen aus. Der Verband möchte auch im Südwesten Deutschlands islamischen Religionsunterricht erteilen. In Hessen, wo Ditib-Lehrer seit drei Jahren unterrichten, behält sich das Kultusministerium Konsequenzen vor. Gegenwärtig gebe es keinen Einfluss des türkischen Staates auf den Unterricht, sagte ein Sprecher. „Sollte jedoch auf unsere Lehrkräfte und die Unterrichtsinhalte Einfluss genommen werden, so würden wir umgehend einschreiten und die Zusammenarbeit mit Ditib Hessen beenden.“

Griese und Beck betonten aber auch, man müsse mit Ditib im Gespräch bleiben. Ditib-Sprecher Zekeriya Altuğ wies die Kritik zurück und kritisierte ein „Bashing von Muslimen“. Ditib habe „stets zu Ruhe und Entspannung aufgerufen“.

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