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Indische Aktivistin Irom Chanu Sharmila16 Jahre Hungerstreik reichen ihr

Irom Sharmila kämpft in der Provinz Manipur gewaltfrei gegen Menschenrechtsverletzungen. Nun beendet sie ihren Hungerstreik. Sie hat eine neue Strategie.

Zwangsernährt durch die Nase: Irom Chanu Sharmila im Jahr 2010 Foto: dpa

Berlin taz | In Indiens abgeschiedenem Nordosten, dem zwischen Bangladesch und Birma gelegenen Landesteil, ist sie die Volksheldin. Denn die Menschenrechtsaktivistin Irom Chanu Sharmila kämpft dort seit dem 4. November 2000 mit dem längsten Hungerstreik der Welt gegen ein Sondergesetz namens AFSPA. Das sichert Polizei, Militärs und Paramilitärs die Freiheit vor Strafverfolgung zu und ist für die vielen Menschenrechtsverletzungen in der Unruheregion mit verantwortlich.

Die inzwischen 44-jährige Sharmila, die ehrfurchtsvoll „die eiserne Lady von Manipur“ genannt wird, kämpft mit den Methoden Mahatma Gandhis so konsequent gegen das umstrittene Gesetz wie niemand sonst. Sie wäre dabei schon längst verhungert, und ihr Tod hätte womöglich einen Volksaufstand ausgelöst, wenn sie nicht auf Anweisung der Regierung seit November 2000 über einen durch die Nase geführten Schlauch zwangsernährt würde.

Indiens Gerichte werten ihren Hungerstreik als versuchten Suizid. Der kann in Indien mit einem Jahr Gefängnis bestraft werden, was die Zwangsernährung in einem bewachten Hospital ermöglicht. Nach Ablauf eines Jahres hat Sharmila stets den Hungerstreik wieder aufgenommen – worauf sie erneut in dem Krankenhaus in der Hauptstadt Imphal des nordöstlichen Bundesstaates Manipur weggesperrt und zwangsernährt wurde. So ging das all die Jahre.

Doch damit soll jetzt plötzlich Schluss sein, hat Sharmila zur Überraschung aller am Montag verkündet. Sie wolle den Hungerstreik am 9. August beenden und stattdessen bei Manipurs Regionalwahlen im nächsten Frühjahr als unabhängige Kandidatin antreten. Als Abgeordnete könne sie wirksamer gegen das Sondergesetz kämpfen. „Ich habe meine Strategie geändert,“ zitierten indische Medien am Mittwoch. „Ich will mein politisches Ziel lebendig erreichen.“

Für ihre nicht eingeweihten Unterstützer ist diese Ankündigung ein Schock. Hinzu kommt, dass Sharmila angekündigt hat zu heiraten. Ihr auserkorener Ehemann, ein britischer Staatsbürger indischen Ursprungs, ist weder bei ihrer Familie noch bei ihren Unterstützern beliebt.

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1 Kommentar

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  • Wem gehören Volkshelden?

     

    Da hat eine Frau 16 Jahre lang abwechselnd gehungert und sich zwangsernähren lassen, und dann haben ihre Fans haben nichts dringenderes zu tun, als der Welt (hier in Gestalt der taz und ihrer Leser) mitzuteilen, dass sie den Ehemann in spe nicht leiden können. Kein "Dankeschön", kein "Schön für dich!", kein "Alles Gute!" Nur ein vergnatztes Rumgemäkel – was ein mieser Stil!

     

    Ich finde, nach Lage der Dinge ist dieser Hungerstreik vollkommen sinnfrei. Er ist reine Folklore. Die indische Regierung will offenbar kein schlechtes Gewissen haben müssen. Sie verhindert das Verhungern ihrer Gegnerin zwangsweise. An der Ausübung dieses Zwangs hindert sie ein (vermutlich nicht vorhandenes) Gewissen überhaupt nicht. So könnte es Jahrzehnte weiter gehen. Jahrzehnte, in denen sich "das Volk" ganz tatenlos zurücklehnen und eine "Show" genießen kann. So, wie es das bisher getan zu haben scheint. Es hatte ja ne Heldin, die an seiner Stelle kämpft – und dabei nicht mal sterben brauchte.

     

    Geschlagene 16 Jahre hat es gedauert, bis Irom Chanu Sharmila begriffen hat: Die Gewohnheit ist nicht auf der Seit der Veränderung. Vielleicht ist das dem Umstand zuzuschreiben, dass sie so sehr gestresst war durch die Zwangsernährung und das ganze Drumherum. Dass sie nun etwas anderes versucht, ist jedenfalls schon lange überfällig.

     

    Ich wünsche dieser Frau viel Glück auf ihrem neuen Weg. Den alten können ihre Fans ja ohne sie zu Ende gehen. Selbst und persönlich, wenn die denn der Meinung sind, er müsste unbedingt begangen werden, der Weg des Heldentums. Gut möglich, dass es ihnen gar nichts ausmacht, wenn jemand versucht, ihnen zum Dank für ihr Engagement den Ehepartner vorzuschreiben. Die Story spielt ja immerhin in Indien. Da sollen Patriarchen so etwas noch dürfen ihren Töchtern gegenüber. Weil das gemeine Volk es so gewöhnt ist schon von alter her.