Staatengipfel der Afrikanischen Union: Keine neue starke Frau für Afrika
Drei Frauen konkurrieren um die Nachfolge der scheidenden Kommissionschefin – alle fallen durch. Derweil will Marokko zurück in die AU.
Es kandidierten Speciosa Kazibwe, Exvizepräsidentin von Uganda, Agapito Mba Mokuy, Außenministerin von Äquatorialguinea, und Pelonomi Venson-Moitoi, Außenministerin von Botswana. Kazibwe erhielt von den 53 AU-Mitgliedern 11 Stimmen, Mba 12 und Venson-Moitoi 16. Nötig zur Wahl wäre eine Zweidrittelmehrheit gewesen. Die Versammlungsleitung beschloss, die Kandidatenlisten neu zu öffnen und beim nächsten Gipfel neu abzustimmen.
Es verrät die Geringschätzung afrikanischer Regierungen für die AU, dass keine von ihnen jemanden für den mächtigsten AU-Posten abstellen mag, der im eigenen Land etwas zu sagen oder jenseits der Landesgrenzen bekannt ist. Dlamini-Zuma hatte bei ihrer Wahl 2012 als Außenministerin Südafrikas zumindest Standing vorweisen können. Selbst sie war aber im Januar 2012 zunächst durchgefallen, bevor sie es im Juli 2012 knapp schaffte.
Damals hatte der Staatenblock Westafrika die Südafrikanerin abgelehnt – ein Erbe der Krisen um Libyen und die Elfenbeinküste 2011. Heute ist Westafrika wieder außen vor. Im Vorlauf des Gipfels wurde eine Verlängerung der Kandidatenfrist ausgeschlossen. Der 15 Länder umfassende westafrikanische Staatenbund Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) empfahl daraufhin seinen Mitgliedern die Enthaltung. Damit war ein Scheitern der Wahl vorprogrammiert, denn eine Zweidrittelmehrheit war so gut wie ausgeschlossen, egal für wen.
Warum es nicht möglich war, diese Misstöne rechtzeitig unter den Teppich zu kehren, um den ersten AU-Gipfel in Ruandas Geschichte zu einem Erfolg werden zu lassen, bleibt das Geheimnis der südafrikanisch geführten AU-Kommission und der tschadischen AU-Präsidentschaft – zwei Länder, denen diplomatische Rückschläge für Ruanda gefallen dürften.
Vom ICC gesucht, beim AU-Gipfel willkommen
Völlig in den Hintergrund rückte die ungehinderte Anreise des vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gesuchten sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir – in Südafrika 2015 hatte das noch zu gigantischen Kontroversen geführt. Jeder, den die AU einlade, sei bei einem AU-Gipfel willkommen, erklärte Ruandas Regierung jetzt. Ein AU-Sonderausschuss, der die zukünftige Haltung Afrikas zum ICC berät, hat dem Gipfel offiziell den kollektiven Austritt aller afrikanischen Staaten aus dem Rom-Status des Weltgerichts empfohlen.
Mehr Aufmerksamkeit fand die unerwartete Wortmeldung des marokkanischen Königs Mohammed VI., der in einer Botschaft an den Gipfel den Wiedereintritt seines Landes in die AU vorschlug. Marokko hatte die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), Vorläufer der AU, im Jahr 1984 verlassen. Denn diese hatte zuvor die in Algerien sitzende Exilregierung der Westsahara-Guerilla Polisario, die für die Unabhängigkeit der seit 1975 von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie kämpft, als Mitglied aufgenommen.
In den vergangenen Jahren hat Marokko seine ökonomischen und wirtschaftlichen Aktivitäten in Afrika stark ausgebaut, während Algeriens guter Ruf aus den Zeiten des Befreiungskrieges gegen Frankreich verblasst.
Marokkos gute Beziehungen nach Westafrika
Marokkos Königshaus ist eng mit den traditionellen islamischen Eliten Westafrikas verbandelt; marokkanische Krankenhäuser sind bei afrikanischen Politikern beliebt. Mohammed VI. hat mehrere ausgedehnte Westafrika-Reisen unternommen und das Engagement marokkanischer Banken und Agrarkonzerne in diesem Teil des Kontinents stark ausgebaut.
Der König sagte nun, für Marokko sei die Zeit gekommen, „seinen natürlichen Platz“ wieder einzunehmen, und für die AU der Moment, den „historischen Irrtum“ der Anerkennung eines „Phantomstaates“, den nicht einmal mehr die Mehrheit der AU-Mitgliedsstaaten anerkenne, zu korrigieren. Er erinnerte daran, dass Marokko im November den nächsten Weltklimagipfel ausrichte und dort für Afrika sprechen werde. Sollte der Wiedereintritt Erfolg haben, wird die Wahl des nächsten AU-Kommissionspräsidenten noch schwieriger als heute.
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