piwik no script img

Tengelmann-Übernahme durch EdekaEr kann einfach nicht loslassen

Wirtschaftsminister Garbiel hält weiterhin an der Fusion zweier Supermarktketten fest. Er wehrt sich gegen „falsche Tatsachenbehauptungen“.

Beim Einkaufen fusioniert: Sigmar Gabriel würde dieses Bild freuen Foto: dpa

BERLIN taz | Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will versuchen, die umstrittene Fusion zwischen den Supermarktketten Kaiser’s Tengelmann und Edeka doch noch durchzusetzen.

Am Mittwoch kündigte er an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf einzulegen. Dieses hatte die Erlaubnis der Fusion durch Gabriel am Dienstag kassiert. Das Gericht habe unter anderem „falsche Tatsachenbehauptungen“ aufgestellt, sagte der Minister.

Karl-Erivan Haub, Miteigentümer von Kaiser’s Tengelmann, will seine Filialen mit rund 16.000 Beschäftigten an den Edeka-Konzern verkaufen. Von Konkurrent Rewe liegt ebenfalls ein Übernahmeangebot vor. Nachdem das Bundeskartellamt die Tengelmann-Edeka-Fusion untersagt hatte, erteilte das Bundeswirtschaftsministerium eine Sondergenehmigung. Dagegen rief Rewe das Oberlandesgericht an – mit Erfolg.

Die Richter erklärten, Gabriel sei bei seiner Erlaubnis möglicherweise „befangen“ gewesen. Beleg: Am 1. und 16. Dezember 2015 habe er mit Antragsteller Haub und Edeka-Chef Markus Mosa „Sechs-Augen-Gespräche“ geführt, über deren Ergebnisse nichts in den Akten zu finden sei.

Gabriel betonte, dass Rewe Akteneinsicht erhielt und an Anhörungen im Ministerium teilnahm.

In der Pressekonferenz, für die er seinen Nordsee-Urlaub unterbrach, wies Gabriel die Argumente des Gerichts zurück. Sechs-Augen-Gespräche zwischen ihm sowie Haub und Mosa hätten nicht stattgefunden. Am 1. Dezember 2015 habe er ein Gespräch mit Edeka geführt, in dem mindestens der „verfahrensleitende Beamte“ anwesend gewesen sei, vermutlich auch ein Staatssekretär, schilderte Gabriel aus seiner „Erinnerung“.

Am 16. 12. 15 habe gar kein Gespräch stattgefunden, wohl aber am 18. 12., wiederum mit Edeka. Die Ergebnisse der Unterhaltung seien bei den Akten zu finden. Gabriel betonte, dass Rewe Akteneinsicht erhielt und an Anhörungen im Ministerium teilnahm.

Das Gericht verwarf außerdem Auflagen, die der Wirtschaftsminister für die Fusion erlassen hatte. Tarifverträge zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten ließen sich nicht mit dem Gemeinwohl begründen. Antwort Gabriel: Nicht nur der vorläufige Erhalt von 16.000 Arbeitsplätzen, sondern auch die Qualität der Jobs seien wichtig für die soziale Marktwirtschaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Was Siggi alles nicht versteht:

    Fusionen zwischen Konkurrenten können keine Arbeitsplätze sichern, da sie immer auf Schrumpfkurs angelegt sind - sonst rechnen sie sich nämlich nicht.

    Gute marktwirtschaftliche Wirtschaftspolitik heißt nicht den Unternehmen und/oder Gewerkschaften schön tun, sondern Fordern und Fördern: den Unternehmen die Latte immer etwas höher legen, als sie gerade springen wollen; Wettbewerb fördern und marktbeherrschende Unternehmen an die Kandare nehmen; Kleine den Großen vorziehen, weil von denen die guten neuen Ideen kommen und weil dort die Arbeitsplätze geschaffen werden.

    Im Einzelhandel hat man viel zu lang laissez faire betrieben und Oligopole entstehen lassen - da muss dringend gegengesteuert werden, wenn nicht noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen sollen.

  • Sigmar Gabriel sieht wohl nicht, dass alle relevanten Stimmen ihm widersprechen - die Monopolkommission (einstimmig) und das Gericht. Es ist ja möglich, dass da alle irren, außer er - aber dann müssten seine Argumente überzeugend sein - und das sind sie nicht. Ist es für das Gemeinwohl wichtiger, dass Arbeitsplätze erhalten werden oder ist es wichtiger, dass die Preise nicht durch Monopolisierung steigen? Sind Arbeitsplätze in der Kohleindustrie wichtiger, als ein Wandel zu umweltfreundlicher Energieversorgung? Sind Arbeitsplätze in der Autoindustrie wichtiger als die Einhaltung von Abgaswerten? Und selbst wenn die Arbeitsplätze wichtig wären - warum hat Herr Gabriel dann nicht dafür gesorgt, dass bei Edeka dann nicht Stellen abgebaut werden - sonst wird das zur Milchmädchenrechnung. Das ganze scheint mir ein unglaubliches Kuddelmuddel.

    • @Georg Marder:

      Das Argument mit den Arbeitsplätzen ist nicht nur armselig, sondern auch falsch: wir reden von Einzelhandel, Arbeitsplätze gehen hier nur durch Rationalisierung innerhalb von Konzernen verloren, nicht durch Schließung von Filalen - schließlich kaufen Menschen immer ein & wenn ein Laden schließt, kaufen sie woanders ein, wodurch die dortigen Arbeitsplätze gesichert bleiben oder werden. Sehr einfach eigentlich. Abwanderung ins Ausland gibt es auch nicht.

       

      Je größer die Konzerne, desto mehr Potential zur Rationalisierung haben, sie. Insofern wird die Fusion Arbeitsplätze kosten, nicht sichern - da kann Gabriel das Rumpelstilzchen spielen wie er will, es wird dadurch nicht wahrer.

       

      Genausowenig wie der Blödsinn, den er versucht und zu CETA und TTIP zu verkaufen. Das ist wirklich nur noch armselig.