: Berliner Lust
Fotobuch Ein Geschichtenbuch in Bildern: In dem Band „Alles außer Arbeit“ ist das Freizeitverhalten der BerlinerInnen in den zwanziger Jahren zu studieren
Dass da noch genug Platz ist für Grün in der Stadt, und zwar auf den Dächern, ist ein Thema, das momentan in Berlins Politik diskutiert wird. Stichwort „Gründachstrategie“. Eine aktuelle Angelegenheit. Auf einem alten Foto kann man sehen, wie bequem es sich da auf dem Dach zur Ruhe kommen lässt: Vier Frauen haben sich auf der Dachwiese eingefunden, Radio hörend, den Sommertag genießend.
Das Foto findet sich in dem gerade erschienenen, von Boris von Brauchitsch herausgegebenen Bildband „Alles außer Arbeit. Berliner Lust in den Zwanziger Jahren“. Mit Aufnahmen also aus der Zeit zwischen dem einen verlorenen Krieg und den Vorbereitungen auf den nächsten. Die Zwischenzeit nach dem Zusammenbruch der Monarchie und vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten.
Die sieht man in den etwa hundert Abbildungen nicht durchs Bild marschieren. In den Fotos geht es, dem Titel des Buches folgend, um die Freizeit und die Lust am Vergnügen in den Goldenen Zwanzigern. Es geht, wenigstens vordergründig, nicht um Politik. Und die Vergnügungen können die kleinen sein, ein Kartenspiel im Freien, ein Nickerchen im Park.
Man sieht auf den Fotos die BerlinerInnen beim Rollschuh- und beim Schlittschuhlaufen, man sieht sie mit ausgepackter Badehose und beim Spaziergang im Grunewald. Man sieht die Bilder von den Cafés, den Kinos, den Varietés.
Und ganz am Ende des Buches sieht man dann doch noch das Hakenkreuz auf einem Foto und den Aufruf „Wählt Hitler“. Als Ausblick auf eine andere, wenig vergnügliche Zeit. (tm)
„Alles außer Arbeit. Berliner Lust in den Zwanziger Jahren“. Herausgegeben von Boris von Brauchitsch. Edition Braus, Berlin 2016, 24,95 Euro
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