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„Der einzige Weg zu nachhaltiger Integration“

Religion II Die Grünen-Abgeordnete Stefanie von Berg will eine große Moschee für jeden Hamburger Bezirk. Im Interview erklärt sie, warum das keinen aufregen sollte und welche Reaktionen es dennoch hervorruft

Daniel Bockwoldt/dpa
Stefanie von Berg

51, ist religionspolitische Sprecherin der Grünen in Hamburgs Bürgerschaft und leitet das Studienseminar Stade.

taz: Frau von Berg, wie viel Hass-Post haben Sie bekommen, nachdem Sie erklärt haben, in jedem Bezirk eine Stadtteil-Moschee zu wollen?

Stefanie von Berg: Erst ging der Shitstorm los, vor allem auf Twitter. Ich habe auch sofort Mails bekommen. Ziemlich schnell begann die „Counterspeech“, es gab auch eine Versachlichung der Debatte und ich bekam zahlreiche positive Rückmeldungen.

Bereits Anfang des Jahres schlug Ihnen eine Welle des Hasses entgegen, weil Sie erklärten, dass es in Hamburg in 20 Jahren keine ethnische Mehrheit mehr gebe. Sind Sie bei Rechtspopulisten besonders auf dem Schirm?

Natürlich. Die Hasskommentare haben bis heute nicht aufgehört.

Lässt Sie das kalt?

Ich kann damit mittlerweile besser umgehen: Ich blende es aus. Das sind Rassisten, man kann mit denen nicht argumentieren.

Wieso braucht Hamburg in jedem Bezirk eine Moschee?

Ich stütze mich dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2013, die untersucht hat, wo es Moscheen gibt und wo sie eine Gemeindearbeit und religiöse Tätigkeiten in würdevollem Zusammenhang ermöglichen. An neun verschiedenen Orten gibt es vordringlichen Handlungsbedarf. Letztendlich geht es um drei zusätzliche Moscheen.

Etwa die „Mega-Moschee“, über die in Wilhelmsburg diskutiert wird?

In der Studie wird gefordert, in Wilhelmsburg eine neue Moschee zu planen, ebenso für Harburg und die marokkanische Gemeinde, die im Moment gar keine hat. Alle anderen sechs Moscheen sollen Moscheen ersetzen, die jetzt in einem schlechten Zustand oder zu klein sind.

Warum ist es Aufgabe einer Stadt oder des Staates, religiöse Gebäude zu bauen? Ist das nicht Sache der Gemeinden?

Es geht nicht darum, die Gebäude zu planen, zu finanzieren oder zu bauen, sondern die Gemeinden baurechtlich und bei der Grundstückssuche zu unterstützen.

Was muss dabei beachtet werden?

Die Moschee sollte gut zugänglich und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sein. Neben einem Gebetsraum muss auch für die Gemeindearbeit genügend Platz sein. Daraufhin muss man Grundstücke prüfen und die Behörde für Stadtentwicklung und die Senatskanzlei machen das auch.

Wer soll die Gebäude bezahlen?

Die Finanzierung muss selbstverständlich von der Gemeinde selbst erfolgen. Bei den Kirchen ist das ja auch nicht anders, wobei die Kirchen den Vorteil haben, Körperschaften öffentlichen Rechts zu sein.

Sie fordern also nicht die „Islamisierung“ Hamburgs?

Nein, natürlich nicht. Sobald der Begriff „Moschee“ fällt, werden alle ganz aufgeregt. Wir haben das auch im Koalitionsvertrag formuliert und es gibt Staatsverträge mit den muslimischen Verbänden. Darin sind auch Verpflichtungen der muslimischen Gemeinden vereinbart, einen Beitrag zur Integration und Prävention zu leisten: Frauenarbeit, Jugendarbeit, Bildungsarbeit – das geht nicht unter einem Bretterverschlag. Der einzige Weg zu nachhaltiger Integration ist es, die Gemeinden beim Wort zu nehmen, aber sie auch dabei zu unterstützen.

Auch Verfassungsschützern sind Hinterhof-Moscheen ein Dorn im Auge …

Wenn Grundstücke zur Verfügung gestellt werden, darf man als Stadt auch genau hinschauen, wie das Finanzierungs-Konzept aussieht und was genau da geplant ist. Dass die Finanzierung von außen zum Regelfall wird, wollen wir vermeiden. Im Einzelfall, wie bei der Al-Nour-Moschee in Hamburg, wo Geld auch aus Kuweit kommt, kann das mal sein. Aber wir Grüne sehen auch Ditib sehr differenziert.

Weil Ditib als Dachverband der türkischen Gemeinden der verlängerte Arm der Politik Erdogans ist?

Ditib wird von der Türkei unterstützt, finanziert und die Imame kommen aus der Türkei und werden alle drei bis fünf Jahre ausgetauscht. Sie haben meist gar keinen Bezug zu unserer Gesellschaft. Das finde ich integrationsfeindlich.

Wie sollte die Stadt damit umgehen?

Im Grundsatz gilt die Religionsfreiheit und Moscheen dürfen gebaut werden. Bei neuen Moscheen muss es auch darum gehen zu wissen, wer eigentlich der Imam ist – oder die Imamin, es kann ja auch mal eine Frau sein. Wir haben einen Blick darauf, dass die Ausbildung der Imame hier vor Ort gestärkt wird. Das wichtigste ist Transparenz. Es muss gesagt werden, wer die Geldgeber sein werden. Wenn Saudi-Arabien da mitfinanziert, wollen wir das vorher wissen wollen, um eventuell Konsequenzen zu ziehen.

Interview: Jean-Philipp Baeck

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