: In Rom liegt die 5-Sterne-Kandidatin Raggi klar vorn
Italien Die erste Runde der Kommunalwahlen bringt in den Städten überraschende Ergebnisse
13 Millionen Bürger quer durchs Land waren an die Urnen gerufen; vor allem aber wählten mit Rom, Mailand, Neapel und Turin die vier größten Metropolen Italiens und mit Bologna die linke Hochburg schlechthin. Mit der Ausnahme Neapels hatte Renzis PD in allen diesen Städten die letzten Wahlen gewonnen.
Jetzt dagegen droht eine herbe Niederlage in den Stichwahlen, die in vierzehn Tagen nötig werden, weil in allen diesen Städten kein Kandidat die absolute Mehrheit hat holen können. In Rom triumphierte mit gut 35 Prozent die Fünf-Sterne-Vertreterin Virginia Raggi, während der Kandidat der Regierungspartei PD bei knapp 25 Prozent hängen blieb. Raggi, die ihren Wahlkampf gegen die Misswirtschaft im von Korruptionsskandalen geschüttelten römischen Rathaus genauso wie gegen die Regierung Renzi führte, hat jetzt beste Chancen auf einen Sieg in der zweiten Runde.
Noch überraschender war das Abschneiden der M5S-Kandidatin, der 32-jährigen Managerin Chiara Appendino, in Turin. Sie konnte mit etwa 31 Prozent die Voraussagen der Meinungsforscher deutlich übertreffen. Zwar liegt der bisherige PD-Bürgermeister Piero Fassino mit 42 Prozent vorn, doch bei den Stichwahlen ist das Rennen offen: Appendino könnte auch für diejenigen Rechtswähler attraktiv sein, die der Regierung Renzi einen Denkzettel verpassen wollen.
Die eurokritische Anti-Parteien-Bewegung der Fünf Sterne hat damit gute Chancen, in gleich zwei der größten Städte das Rathaus zu erobern; zugleich kann sie schon jetzt angesichts des fast flächendeckenden Einbruchs der Berlusconi-Rechten für sich beanspruchen, auch national die einzige echte Regierungsalternative zu Renzis PD zu sein.
Die PD musste ihrerseits selbst in ihrer Hochburg Bologna mit knapp 40 Prozent für ihren Kandidaten einen deutlichen Rückgang der Stimmen hinnehmen, dürfte die Stadt aber dank des großen Vorsprungs auf die Rechte halten. Bedrohlicher ist die Situation jedoch in Mailand. Dort liegen der PD-Vertreter und der Frontmann der Rechten mit je gut 40 Prozent Kopf an Kopf.
Unmittelbare Konsequenzen für die Stabilität der Regierung Renzi wird das Kommunalvotum zwar nicht haben. Doch im Oktober steht eine für den Ministerpräsidenten weit wichtigere Entscheidung an: das Referendum über die von der PD und ihren Koalitionspartnern verabschiedete Verfassungsreform. Renzi, der noch vor wenigen Monaten von einem sicheren Sieg bei dieser Abstimmung ausging, muss bei schlechten Resultaten in der Kommunal-Stichwahl die Referendumskampagne aus der Defensive heraus führen. Für den Fall, dass die Verfassungsreform von den Bürgern verworfen werden sollte, hat er schon seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Michael Braun
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