: Streit ums Erbe: CSU blockiert weiter
Verteilung Der Konflikt um die Reform der Erbschaftsteuer hält an. Die Große Koalition ringt um die Details. Die Zeit drängt: Bis Ende Juni muss eine Lösung her
aus Berlin Tanja Tricarico
Trotz zäher Verhandlungen können sich CDU, CSU und SPD bisher nicht auf eine Reform der Erbschaftsteuer einigen. Eigentlich sollte bereits im Koalitionsausschuss am Mittwochabend ein Kompromiss erzielt werden. Doch der scheiterte vor allem an der Kritik aus den Reihen der CSU. Heute soll weiterverhandelt werden. Ob es zu einer Einigung kommt, ist allerdings unsicher.
Treiber für die Reform ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Bereits 2014 mahnten die Karlsruher Richter an, dass die derzeitige Regelung der Erbschaftsteuer nicht verfassungskonform sei. Bisher müssen Firmenerben kaum Steuern zahlen, besonders dann nicht, wenn andernfalls Jobs gefährdet wären.
Das Bundesfinanzministerium erarbeitete daraufhin einen Reformvorschlag, die Koalitionspartner einigten sich auf eine gemeinsame Vorlage. Doch dann legte CSU-Chef Horst Seehofer einen neuen Forderungskatalog vor. Seitdem stecken die Verhandlungen fest.
Im Kern sieht der Entwurf vor, dass es bei einem vererbten gesamten Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro eine sogenannte Bedürfnisprüfung gibt. Das bedeutet: Die Erben müssen zeigen, dass die Steuer sie wirtschaftlich belastet und etwa Jobs nicht gehalten werden können. Auch das Privatvermögen wird eingerechnet. Bei Familienunternehmen kann die Grenze sogar erst bei 52 Millionen Euro liegen. Die CSU pocht dennoch auf weitere Vergünstigungen.
„Ich hoffe, dass es eine Einigung mit ökonomischer Vernunft geben wird“, sagt Hans Michelbach, CSU-Finanzpolitiker. Er gilt als einer der größten Kritiker der bisherigen Reformvorlage. „Ziel muss eine arbeitsplatzsichernde, mittelstandsfreundliche und für den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltige Erbschaftsteuerreform sein“, sagt er.
Richard Pitterle, Linkspartei
Im Gespräch sind nun Details, die dafür sorgen, dass der zu versteuernde Betrag deutlich geringer wird. Es geht zum Beispiel um einen generellen Abschlag von 30 Prozent für Familienunternehmen und um eine höhere Anrechnung von Investitionswerten. Auch das Privatvermögen soll außen vor bleiben.
Die Haltung der CSU stößt auf heftigen Protest der Opposition. Ihr geht es in erster Linie um Verteilungsgerechtigkeit. „Den Reichsten der Reichen lässt man jede Zeit der Welt, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen“, sagt Richard Pitterle, steuerpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Für ihn grenzt die geringe Kompromissbereitschaft an Arbeitsverweigerung. Ähnlich scharf klingt die Kritik der Grünen. „Mit ihrer Handlungsunfähigkeit treibt die Regierung Tausende von kleinen und mittleren Unternehmen in die Rechtsunsicherheit“, erklären die Steuerexpertinnen Kerstin Andreae und Lisa Paus.
Eine Lösung muss nun schnell her. Die Frist der Karlsruher Richter verstreicht am 30. Juni. „Wir wollen, dass eine Lösung gefunden wird, die nicht verfassungswidrig ist“, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Gibt es bis zur Frist keine Einigung, passiert zwar erst mal nichts. Nach einer neuen Klage könnte beim Finanzminister aber eine neue Aufforderung zur Reform landen.
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