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Tobias Schulze über die Armenien-Resolution im BundestagZumindest ein Sternstündchen

Beinahe hätte der Bundestag am Donnerstagmittag geglänzt. Weil er die Verbrechen an den Armeniern als Völkermord benannte. Weil er die deutsche Beteiligung erwähnte. Vor allem aber: Weil er sich als selbstbewusstes Parlament präsentierte, das mehr sein kann als ein reines Zustimmungsorgan der Regierung.

Denn mal ehrlich: Dem wachsenden Antiparlamentarismus aus dem Spektrum von AfD und Pegida stellte der Bundestag in den vergangenen Jahren wenig entgegen. Die Opposition ist so klein, dass sie ihre Kontrollfunktion gegenüber der Regierung kaum erfüllen kann. Über die zentralen Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik (erst die Grenzöffnung, dann der Türkei-Deal) stimmte das Parlament mangels Zuständigkeit gar nicht erst ab. Zu den Griechenland-Krediten durften die Abgeordneten zwar ihr Votum abgeben, die eigentlichen Entscheidungen waren zuvor aber an anderer Stelle gefallen.

Viel zu selten bestimmt das Parlament selbst, zu häufig begleitet es nur das Regierungshandeln. Anders im Fall der Armenien-Resolution: Diesen Beschluss wollte die Regierung überhaupt nicht. Am liebsten hätte sie ihn verhindert, und die Koalitionsfraktionen folgten ihr zunächst auch. Erst als der Bundestag vor vier Monaten schon einmal über den Völkermord diskutierte, lenkten sie ein: Zu Beginn der damaligen Debatte sprachen sich Regierungsabgeordnete noch gegen eine Resolution aus. Eine halbe Stunde später versprachen sie den Grünen, bis zum Sommer einen gemeinsamen Beschluss zu fassen. Die Kraft des besseren Arguments hatte überzeugt.

Für eine wirkliche Sternstunde fehlte am Ende aber ein Schritt: Ein selbstbewusstes Parlament hätte am Donnerstag Gegenargumente ertragen und den Fraktionszwang aufgehoben. Dass stattdessen manche Abgeordneten mit Ja stimmten, obwohl sie die Resolution kritisieren, mag den Gewohnheiten des Bundestags entsprechen. Gute Werbung für den Parlamentarismus ist es nicht.

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