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Hausbesuch Er: ein Träumer. Sie: die Organisatorin. Die Gemeinsamkeit: aus roten Bohnen Kaffee machen, ihn vom Fahrrad ausschenken. Auf Märkten sein, langsam wachsen. Bei Kira Schubert und Axel Datschun in KielAm Anfang stand der Instantkaffee

Kira Schubert und Axel Datschun in ihrer Kieler Wohnung

Von Geraldine Oetken (Text)und Andreas Oetker-Kast (Fotos)

Sie fahren gerne Rad, sie trinken gern Kaffee und haben das zu ihrem Beruf gemacht. Zu Besuch bei Axel Datschun und Kira Schubert in Kiel.

Draußen: oben blau und Möwe, unten Kopfsteinpflaster, dazwischen die Häuser in Farben von Grauweiß bis Pastellgelb. Fahrräder klingeln sich in der Sackgasse im Rüttelmodus an den parkenden Autos vorbei.

Drinnen: Eine Anrichte nur für den Kaffee nimmt die ganze Ostseite des Raumes ein, daneben eine Holztreppe, die in den ausgebauten Dachboden zum Schlafzimmer führt. Ganz oben, kurz vor dem Himmelblau. Gegenüber, an der moosgrünen Wand Fotos von Kaffee, Plantagen, rohen Bohnen. In die Kaffeesymmetrie reihen sich drei Magazine über Kaffeekultur auf einem Beistelltisch ein. Der Kaffee ist angerichtet, sein Duft strömt durch den hellen Raum. Axel lacht: „Unser Kaffeezimmer.“

Die Zwei: Axel Datschun trinkt fünf Tassen Kaffee am Tag, „vielleicht eine Berufskrankheit“. Er hat mit seiner Freundin Kira Schubert einen Kaffeehandel mit Direktimport gegründet, eine Rösterei, ein Café, alles nacheinander, langsam über sechs Jahre hinweg. Kira hat früher mehr Kaffee getrunken. Sie hat nebenher noch studiert, Geowissenschaften. Schwerpunkt: Klimaforschung. Fand sie spannend, sagt sie, „aber nach dem Bachelor-Abschluss hab ich keine Zeit mehr dafür“, jetzt ist da nur Kaffee. Und die Rösterei. Und die Kaffeereisen. Nach Brasilien, nach Ecuador und Kenia. Ihre Wangen sind noch rot von der frischen Luft draußen vom Wochenmarkt, wo sie Kaffee ausgeschenkt hat, während sie erzählt.

Drinnen viel Grün

Etwas machen: Es begann nach dem Abi. „Ich hatte keine Lust zu studieren“, sagt Axel. Alibi-mäßig schrieb er sich für Skandinavistik und Französisch ein („Bin zu keinem einzigen Seminar gegangen“). Stattdessen hat er sich ein Lastenfahrrad gekauft. Ein gebrauchtes. Dann eine Kaffeemaschine, eine große italienische, secondhand, und die auf das Rad gestellt. Damit ist er von Markt zu Markt gefahren und hat Kaffee angeboten. „Während der Schulzeit hab ich vor allem Instantkaffee getrunken“, sagt er. Mit einem Praktikum in einem Café hat sich das geändert. Von da an wollte er mehr über Kaffee wissen. Viermal die Woche stehen beide immer noch mit ihrem „Loppokaffeeexpress“ auf dem Wochenmarkt, das Lastenfahrrad hat einiges zu schleppen, allein die Kaffeemaschinen namens „La Marzocco GB/5“ und „Mazzer Robur“ sind keine Leichtgewichte. „Bei Kaffee kann man auch so viel ausprobieren“, sagt Kira. Jeder Schritt bis zum fertigen Kaffee ein Rädchen, an dem man drehen könne. Die Bohne, das Rösten, die Zubereitungsart. „Momentan experimentiere ich mit dem Wasser“, sagt Axel.

Der Kaffee: Der Filterkaffee aus dem V60-Filter schmeckt leicht sauer, aber rund, fast süßlich, „wie Früchtetee“, wirft Kira ein, „beinah“. Trotz all der tollen Maschinen: Kaffee mit dem Filter zuzubereiten sei die beste Methode. „Wenn man den Kaffee pur trinken will, da werden der eigene Charakter und Geschmack des Kaffees betont“, sagt Axel.

Das Wachsen: langsam. Behutsam, das auch. Mit einem Startkapital von 1.000 Euro haben Kira und Axel ihren Kaffeeladen aufgebaut. Das waren Lastenrad und Espressomaschine. Erst sparen, dann kaufen, so arbeiten die beiden. „Man geht dann auch ein viel geringeres Risiko ein, sich finanziell zu überheben“, sagt Kira. „Man muss mit dem, was man hat, zufrieden sein“, sagt Axel. Jetzt, bei der Anschaffung der Röstmaschinen, gab es einen Förderkredit. Jedes Jahr stellten sie zwei neue Mitarbeiter ein; inzwischen sind es 12 Kaffeemacher, für die sie die Verantwortung tragen. „Es ist der Versuch, sich organisch und langsam zu entwickeln“, beschreibt Kira das Geschäftsmodell. Nachhaltig sollen nicht nur ihr Geschäftsmodell sein, sondern auch der Kaffee. Botanik, Logistik, soziale Aspekte, die Verpackung. Auf Kaffeereisen mit anderen kleinen Händlern aus Deutschland hat Kira verschiedenen Kooperativen besucht. Von denen beziehen sie nun ihren Kaffee direkt, mit fairem Handel. „Auf den Reisen sehe ich Dinge, die ich sonst nicht sehen würde“, sagt Kira. „Ich bin dann in den Häusern der Farmer, ich kann die Orte aus einem anderen Winkel sehen, als wenn ich nur Touristin wäre.“

Draußen nur Pastell

Zusammen: „Ich bin der Träumer“, sagt Axel. Er experimentiert, schaut, wie man den Kaffee weiter verfeinern kann, dreht an all den kleinen Schräubchen. Kira kümmert sich um Buchhaltung und Organisation – „das mach ich gerne, das macht uns zu einem guten Team“. Axel ergänzt und grinst dabei: „Und Kira war so pflichtbewusst, erst einmal zu studieren.“ Aber genießen, das machen beide gern zusammen. „Wir rauchen nicht, wir trinken nicht, Kaffee ist unser Genuss“, sagt Axel. „Und wir gehen einmal die Woche Essen, das ist unser Luxus vielleicht.“

Wann ist es gut? Stille. Axel knetet seine Lippe, schaut aus dem Fenster, lacht verlegen, überlegt. Kira setzt an: „Heut Morgen auf dem Wochenmarkt, als dann die Sonne aufging und man mit dem Kollegen …“ Pause. Axel: „Die Kollegen sind schon wie eine Familie. Entspannt.“ „Sonst würde man ja auch nicht morgens um fünf aufstehen“, sagt Kira. Aber manchmal, da hat man auch mal kurz keine Lust mehr. „Es kann auch anstrengend sein, wenn man selbstständig ist und nach dem Samstag auf dem Markt und dem Sonntag in der Rösterei am Montag wieder zum Markt fährt“, sagt Axel. Wenn sie frei haben, fahren sie Rad. Ohne Kaffeemaschine an Bord.

Wie finden sie Merkel? „Sie versucht ihr Bestes, schafft es aber letztendlich nicht“, sagt Axel. Kira setzt an, sagt aber nichts und schaut zu Axel herüber.

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