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Signale an die Angeklagten

Justiz Richter stellt zwölf wegen Landfriedensbruchs angeklagten jungen Männern Milde in Aussicht

Der am Donnerstag eröffnete Prozess vor der 9. Jugendkammer des Landgerichts gegen zwölf junge Männer, denen besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird, könnte schnell zu Ende gehen. Unter bestimmten Bedingungen halte er sogar die Einstellungen des Verfahrens für möglich, sagte Richter Reimar Schweckendieck zu Beginn des ersten Verhandlungstages. Er zitierte dabei aus einem am selben Tag erschienenen Text der taz, der unter Berufung auf die Pressestelle des Gerichts von möglichen Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren für die Anklagen berichtet hatte.

Dass der Prozess zu Haft oder Jugendarresten führen könne, halte er für ausgeschlossen, so Schweckendieck. Er sehe keine „großen Verbrecher“ vor sich. Zudem seien die Angeklagten bereits dadurch belastet, dass bei dem zu verhandelnden Geschehen ein Mitglied ihrer Gruppe getötet worden war.

Anlass des Verfahrens ist ein bereits vier Jahre zurückliegender Streit, der auf einem Neuköllner Fußballplatz seinen Anfang genommen hatte. Die Angeklagten hatten die gegnerische Streitpartei bis zum Wohnort von eines deren Mitglieder verfolgt.

Täter auf freiem Fuß

Dort war es zu weiteren Auseinandersetzungen gekommen, bei dem ein Freund der Angeklagten von einem Streitpartner der anderen Seite erstochen worden war. Der Täter wurde damals bereits wenige Tage nach der Tat auf freien Fuß gesetzt.

Da sich der Zorn der heute Angeklagten vor allem gegen diesen späteren Messerstecher gerichtet habe, halte er es auch für möglich, dass der Tatbestand des Landfriedensbruchs gar nicht erfüllt sei, so der Richter. Sollten die heute 21 bis 27 Jahre alten Angeklagten seiner Empfehlung folgen, sich am nächsten Prozesstag „nicht taktisch, sondern wahrheitsgetreu“ zu äußern, könnte das Verfahren bereits am kommenden Donnerstag für einige beendet sein.

Alke Wierth

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