Bremer Musical-Theater ohne Zukunft: Klobiger Klotz am Richtweg
Ende 2017 laufen Bremens Zuschüsse für das Musical-Theater aus. Dann müsste der Vertrag mit dem neuen Besitzer verlängert werden.
BREMEN taz | Show-Veranstaltungen? Musicals? Wohnungen? Pressespekulationen und Gerüchte? Ganz so hatte sich Rolf Specht den Umgang mit seiner neuen Immobilie nicht vorgestellt. „Eigentlich“ wollte der 63-Jährige sich aus aufreibenden Geschäften langsam zurückziehen, sagt er. Den arbeitsintensiven Betrieb seiner „Residenz Gruppe“ jedenfalls hat er im Jahre 2015 an die Orpea-Gruppe verkauft, insgesamt 34 Pflegeeinrichtungen mit 2.496 stationären Plätzen zwischen Bremen und Hessen.
Offenbar hat er den Erlös aber in eine Anlage investiert, die neue Arbeit machen könnte: Er hat das alte „Zentralbad“ am Richtweg gekauft, dass 1999 zu einem Musical-Theater umgebaut worden ist. Von 100 Wohnungen, die da entstehen sollen, war zuletzt die Rede. Doch Specht selbst gibt sich bedeckt.
Der Mietvertrag mit den Musical-Betreibern von der „Mehr! Entertainment“ ist erst zum Ende des Jahres 2017 kündbar, in diesem Herbst will Specht über die Frage verhandeln, zu welchen Konditionen der Vertrag verlängert werden könnte. Wenn die Miete stimmt, könnte es weiter Show-Veranstaltungen und Musicals am Richtweg geben.
In Düsseldorf, der Zentrale von „Mehr!“, gibt man sich entsprechend zurückhaltend. Dass der Verkauf der Immobilie – immerhin hielt „Mehr!“ 50 Prozent der Anteile – ein Signal dafür ist, dass die überregional tätige Veranstalter-Firma den Standort Bremen aufgeben will, das will dort niemand bestätigen. „Mehr!“ bedient Spielstätten in mehreren Städten und da kommt es auch auf die Auslastung der Produktionen an.
Vor Jahren wurde die Miete für die gesamte Immobilie mit knapp einer Million Euro im Jahr angegeben. Zusätzlich fallen jedes Jahr 2,26 Millionen Euro Kosten an für den Umbau – aber die zahlt die Finanzsenatorin, weil der Wirtschaftssenator im Jahre 1997 das Musical-Theater als Investition in den Bremer Tourismus großzügig bezuschusste. Diese staatlichen Zahlungen laufen 2017 aus.
Sollte ein neuer Vertrag zwischen Specht und der Musical-Betriebsgesellschaft nicht zustande kommen, dann müsste wohl geprüft werden, wie das klobige Gebäude für Eigentumswohnungen umgebaut werden könnte, sagt auch Specht. Als Standort für Eigentumswohnungen wäre es optimal, das Dach in der Mitte könnte man womöglich öffnen, vielleicht einen Licht spendenden Innenhof einbauen, überlegt Specht. Akut aber wird alles erst, wenn die Verhandlungen mit der „Mehr! Entertainment“ keinen Erfolg haben.
Martin Mahlstedt, Chef des Bremer Musicals, muss erst im Jahre 2017 wissen, ob der Betrieb 2018 weitergehen soll – längere Vorlaufzeiten hat der Betrieb nicht, zumal vor Ort keine eigenen Musicals mehr produziert werden und die Veranstaltungen meist nur wenige Tage laufen. „Eine schwarze Null“ habe man für das Jahr 2014 erreicht, erklärt Mahlstedt, immerhin. Wenn die Miete der Immobilie rund eine Millionen Euro beträgt und die Saalmiete rund 10.000 Euro am Abend, dann müsste dafür der 1.450 Sitze fassende Saal an 100 Tagen im Jahr vermietet sein.
Kulturressort
Für Claus Kleyboldt, der langjährige Chef der Stadthalle und Vorgänger von Mahlstedt, ist die Sache klar: Eine Schließung der Spielstätte wäre ein großer Verlust für Bremen, sagt er. Aber gleichzeitig steht für ihn fest: Eine angemessene Miete für die Immobilie „kann kein Mensch bezahlen“. 300.000 Euro Zuschuss im Jahr, so hat er vor Jahren einmal ausgerechnet, wären erforderlich – im Vergleich zu den Zuschüssen, die das Theater oder die Glocke bekommen, wäre das eher wenig. Die Hoffnung, dass solche Subventionen fließen könnten, sind aber eher gering. „Wir haben damit Gott sei Dank nichts zu tun“, heißt es dazu aus dem Kulturressort.
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