Hafenträume Der mit großem Tamtam gebaute Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven steht vier Jahre nach seiner Eröffnung weitgehend leer. In einer Zeit, in der auch Hamburg und Bremerhaven um jeden Container kämpfen müssen, stimmt das nicht gerade zuversichtlich. Ein Besuch▶Schwerpunkt SEITE 43–45: Auf der Suche nach den Containern
Aus Wilhelmshaven Jan Zier
Ein einziger Anhänger steht in der „Straße von Malakka“, verlassen, ganz am Ende eines Parkplatzes, gebaut für Hunderte davon. Der böige Ostwind zerrt an der blauen Plane, pfeift über die Steppe entlang des „Pazifik“ hinunter zur „Barentssee“. Das Gras hier ist braun und verwittert jetzt im Frühling, ein paar Wühlmauslöcher zeugen davon, dass es hier doch Leben gibt. In der Ferne tollt ein junger Schäferhund über die Wiese, die einmal ein „Güterverkehrszentrum“ werden soll, ein Industriegebiet für den An- und Abtransport von Waren.
Sie sind auf alles vorbereitet hier am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Die seit Jahren so gut wie unbenutzten Wege links und rechts der Firmen, die noch kommen sollen, sie sind in bestem Zustand, ebenso wie die Bürgersteige und Fahrradrouten. Ganz vorn, am „Pacific One“, gibt es inzwischen eine vollautomatische Tankstelle, ganz ohne Shop und Café und so. Und am Horizont sieht man noch den alten, rot-weiß gestreiften Leuchtturm, am Ende der neuen Straße, die sie „Atlantik“ nennen. Er ist lange außer Dienst. Die Autobahn dahinter hört man kaum; auch staut sich da nichts.
Weit über 100 Hektar Industriefläche liegen brach an Deutschlands einzigem Container-Tiefwasserhafen. 50 Meter hoch dürfte hier gebaut werden, wegen der Hochregallager. Gekommen ist bisher ein einziges: von „Nordfrost“. Als Pioniere haben sie schon vor Jahren ein großes Lager am „Pazifik“ gebaut, für Obstimporte aus Übersee. Aber in Wilhelmshaven läuft kein Schiff aus Südamerika mehr ein. Und so kommt das Obst jetzt aus Bremerhaven. Mit dem Laster. Trotzdem bauen sie gleich daneben nun ein neues Tiefkühlhaus, für Frischfleisch, das nach Asien verschifft werden soll. Und den Rechtsstreit mit dem Jade-Weser-Port haben sie friedlich beigelegt. Es ging um die Frage, ob so wenig Hafen so viel Pacht wert ist. „Wir fühlen uns getäuscht“, hatte der Nordfrost-Chef noch im vergangenen Jahr dem Fernsehen gesagt – die Prognosen hier in Wilhelmshaven, sie waren andere.
„Wir sind froh um die vielen freien Kapazitäten“, sagt Anke Sturhan, die am Jade-Weser-Port fürs Marketing zuständig ist, und dass sie im Bremer Güterverkehrszentrum auch zehn Jahre gebraucht haben, eh es voller wurde. Das liegt mitten in der Stadt. Und den Jade-Weser-Port gibt es erst seit 2012. „Es ist viel Druck aufgebaut worden“, sagt Sturhan, „und es ist die Frage, ob das realistisch war zu der Zeit.“ Mit dem Bau des neuen Hafens kam der Zusammenbruch der Lehman-Bank, die Finanzkrise, die Rezession. Zweifel haben sie hier in Wilhelmshaven trotzdem keine. „Weitsichtig“ war die Planung, sagt die Sprecherin des Jade-Weser-Ports, und „zukunftsweisend“. Man erwarte eine „Vervielfachung der Umschlagsmenge“. Bis 2030. Da sind sie wieder, die Prognosen. Der Blick schweift in die Ferne, weit über 200 Fußballfelder sind es von hier bis zum Güterbahnhof mit seinen 16 Gleisen. Selbst im 5. Stock des „Pacific One“ kann man ihn nur erahnen. Ob sie zufrieden ist mit der Entwicklung? „Ja“, sagt Sturhan. „Vor dem Hintergrund der Verhältnisse.“
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