Hä? Popmusiker Bernd Begemann rockt Gesellschaftsanalysen – aber was will er uns sagen? Der Check: „Die Wahrheit erfahren!!!“

Der Hamburger Popmusiker Bernd Begemann, 53, ist kein wohlfeiler Kritiker der „anderen“. Er ist egalitärer Beobachter der postlinksalternativen Milieus, die – ob nun wohlhabend oder prekär – zwischen Bürgerlichkeit und Abgrenzungsbedürfnis lavieren. Beim taz.lab wird er seine größten Hits rocken. Eine kleine Einführung.
Interview Peter Unfried
taz: Herr Begemann, „Mein Powertier ist ein Gnu“ heißt Ihr neuester Hit. Was ist die gesellschaftspolitische Botschaft?
Bernd Begemann:Esoterik lässt sich, im Gegensatz zu Hunger und Terrorismus, wahrscheinlich nicht besiegen.
Sie haben vor Jahren in den neuen Bundesländern schlechte Erfahrungen gemacht („Kein Glück im Osten“). Wie sehen Sie den Osten heute?
Dort gibt es die besten und die schlechtesten Menschen. Wenn man mal die Autobahnen und Bundesstraßen verlässt, kommt man in Dörfer, in denen zwanzig bis dreißig Nazi-Skins auf dem Marktplatz rumlungern. Es ist ihr Ort, niemand würde ihnen das streitig machen. Meine Hochachtung vor den Mutigen, die sich davon nicht einschüchtern lassen.
Einer Ihrer schönsten Songs heißt: „Die neuen Mädchen sind da“. Was ist das Neue an diesen Frauen?
Es ist ein rührendes Schauspiel, wie jedes Jahr eine neue Generation in die Stadt einfällt, um sie sich zu eigen zu machen. Meine Perspektive ist natürlich männlich, alles andere als geschlechtsneutral, deshalb war ich immer besonders fasziniert von den jungen Frauen, ihrer Entschlossenheit. Vom Drama, das sich ergibt, wenn ihre mitgebrachten Vorstellungen mit der neuen Realität kollidieren und sich auflösen.
Sie benutzen in einem Song den Begriff „Trottelfreund“ für Männer, denen Sie die Frau ausspannen wollen. Wie definiert sich ein Trottelfreund?
Selbstgefällig, ein Fischer, der die wechselnden Gezeiten ignoriert.
In dem Song „Zweimal zweite Wahl“ beschreiben Sie ein Paar, das zusammen ist, weil beide nichts Besseres abgekriegt haben. Ist das nicht unerträglich realistisch?
Ich spiele das Lied manchmal auf Hochzeiten, weil das Brautpaar darauf besteht. DIE MENSCHEN WOLLEN DIE WAHRHEIT ERFAHREN!!!
In „Fernsehen mit deiner Schwester“ hängt diese Schwester immer mit einem Paar herum, weil sie selbst gerade keinen Freund hat. Unklar bleibt, ob da auch was läuft?
Die Situation bleibt leider komplett asexuell. Nichts stört das Gleichgewicht der schrecklichen Drögigkeit.
„Ich habe nichts erreicht außer Dir“ ist das Primat, einen Top-Partner zu finden gegenüber allen anderen Aspekten eines Lebens (Reichtum, Karriere, Weltveränderung). Gilt das noch?
Für mich ist Liebe das einzig Greifbare.
„Du bist verhaftet wegen sexy“ ist ein eindimensionles Loblied der körperlichen Attraktivität. Die doch so wichtigen inneren Werte werden nicht erwähnt. Ist das denn erlaubt?
Muss auch mal sein. Leider findet man Menschen mitunter wegen ihrer inneren Wertlosigkeit heiß ... kann passieren...
In „Schluss mit dem Quatsch (jetzt wird Geld verdient)“ beschreiben Sie die Gnadenlosigkeit der kapitalistischen Kultur. Wie halten Sie das alles aus?
Ich mache mit.
In „deutsche Hymne ohne Refrain“ singen Sie: „Ich will dies Land verstehen“. Und, verstanden?
Ja. Weil ich die taz lese!
Die taz.lab-Hitparademit Bernd Begemann beginnt am 2. April um 20.40 Uhr, nach der Poesiealbenauktion (siehe „Specht des Jahres“) im Café Global
Das neueste Albumvon „Bernd Begemann & Die Befreiung“ erschien 2015 auf CD und trägt den Titel „Eine kurze Liste mit Forderungen“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen