EDITORIAL VON JOHANNES GERNERT, MEIKE LAAFF UND DANIEL SCHULZ:
Seine Macht zeigte sich im Mai: Mark Zuckerbergs soziales Netzwerk Facebook hatte 900 Millionen Nutzer, war 80 Milliarden Euro schwer – und wagte den größten Börsengang der Geschichte. Die Botschaft war klar. An den Großen kommt man im Internet nicht vorbei. Aus kleinen Start-ups werden innerhalb weniger Jahre mächtige Konzerne. Und aus Studenten diejenigen, die revolutionieren, wie wir im Internet kommunizieren.
Einen Monat später – Facebook war gerade an der Börse spektakulär baden gegangen – demonstrierten Tausende, was Protest im digitalen Raum erreichen kann. Überraschend kippte das Europäische Parlament das Acta-Abkommen. Der Grund: wütender Widerstand von Netzbürgern, die den kryptischen Vertragstext als Angriff auf die Freiheit im Netz sahen. Digitaler Protest entflammt und verbreitet sich schnell. Schließen sich viele zusammen, kann ein Schwarm von Individuen den Großen und Mächtigen sehr unangenehm werden.
Zuckerbergs Börsengang erzählt von der Macht der Wenigen, das gestürzte Acta-Abkommen vom Einfluss der Vielen. Welche der beiden Erzählungen über das Internet, die das Jahr 2012 geprägt haben, trifft zu?
Die Idee des Internets war die einer dezentralen Infrastruktur. Der Arabische Frühling, aber auch Guttenplag und Twitter-Shitstorms haben gezeigt, welch ein mächtiges Instrument es heute ist, um das Aufbegehren zu organisieren. Konsum und der Austausch von Informationen werden aber dominiert von einer Handvoll Großkonzerne, die ihre Marktmacht ausbauen. Google, Amazon, Facebook – das sind Quasimonopolisten, ihre Lenker oligarchengleich.
Je wichtiger das Internet wird, umso mehr wachsen Begehrlichkeiten von Unternehmen, Regierungen und Strafbehörden, es zu beobachten und zu kontrollieren.
Die mächtigen Vielen. Die mächtigen Wenigen. So schnell das Netz wächst, so sehr konkurrieren diese Organisationsmodelle, diese zwei Erzählungen. In unserer Sonderausgabe schauen wir deshalb auf beide Seiten.
Wir haben den Onlinehändler Amazon dabei beobachtet, wie er still und leise kleine Konkurrenten aus dem Weg räumt. Aber auch mit einem Autor gesprochen, dem der Konzern zu einem Bestseller verhalf. Die Hackerin Constanze Kurz schreibt, wie Staaten das Internet unter ihre Kontrolle bringen wollen und wie eine Gruppe, bei der jeder mitmachen kann, das Netz tatsächlich verwaltet. Wir erzählen, wie ein koreanischer Sänger den erfolgreichsten YouTube-Clip der Welt produzierte. Und wir begeben uns in das Hirn eines Computerdesigners für die Massen. Wem das Netz gehört? Finden Sie es heraus, diese Zeitung gehört nur Ihnen. Viel Vergnügen!
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