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Die WahrheitExperimentelle Klangaufzeichnung

Kolumne
von Eugen Egner

Wie empfindlich die Weltgemeinschaft beim Verdacht auf musikalische Aktivitäten des Artikelverfassers reagiert, das steht im Folgenden.

D as Taxi hielt vor dem neugotischen Tonstudio. In Edward Elgars alten Gehpelz gehüllt, stieg ich aus. Währenddessen machte mir der Fahrer eine Spesen- oder Spendenbescheinigung aus seiner Mütze. „Hier ist noch unser Gesprächsprotokoll“, sprach er geflissentlich, als ich endlich komplett auf dem Gehweg stand, und steckte mir ein eng beschriebenes Blatt zu. Zum Abschied hob ich kurz die linke oder rechte Hand, dann begab ich mich aus eigener Kraft zum Portal des Tonstudios.

Ich erklomm die der Tür vorgelagerten Treppenstufen, und weil mich nichts daran hinderte, begann ich einzutreten. Am Ende des sorgfältig erledigten Vorgangs fand ich mich in der prunkvollen Empfangshalle wieder. Sofort kam der Sicherheitsbeamte gelaufen und fragte mich, was ich im Gebäude zu suchen hätte, ob ich womöglich gedächte, selbsterzeugte Musik aufzunehmen. Wie empfindlich die Weltgemeinschaft schon beim Verdacht auf musikalische Aktivitäten meiner Person reagierte! Ich hatte es nicht nötig, den Mann zu beruhigen, indem ich etwa log: „Nein, nein, keine Sorge, ich will nur in der Kantine nach Besteck und Brotaufstrich sehen. Da soll es unliebsame Neuerungen geben.“

Die Kantine konnte mir nämlich gestohlen bleiben. Man erreichte sie über eine mit Torf bedeckte 45-Grad-Schräge, die zur ersten Etage hinaufführte (es gab auch einen Zierlift, dessen Benutzung aber verboten war). Was einen oben erwartete, lohnte keinesfalls die Mühe des Aufstiegs. Wenn nicht sowieso alles zugenagelt war, gab es dort bloß dicke, unverständliche Speise- und Getränkekarten und ebensolche Speisen und Getränke. Selbstbewusst erwiderte ich also: „Mein Ehrgeiz richtet sich darauf, der akustischen Aufnahmetechnik neue Möglichkeiten, wo nicht gar Horizonte zu eröffnen.“ Damit ließ ich den verblüfften Sicherheitsbeamten stehen.

In Studio 5, wohin ich nun meine Schritte lenkte, gedachte ich ein bedeutendes Experiment durchzuführen. Ich war dafür bekannt, dass ich manchmal hinging und etwas mit Menschen unternahm, wenn es auch immer absolut sinnlos war. Eine große Hilfe war mir dabei stets das Tragen von Edward Elgars altem Gehpelz. Er sicherte mir den Respekt der Menschen, mit denen ich etwas unternahm, was es auch sein mochte.

Infolgedessen hatte sich eine Sängerin auf meinen persönlichen Wunsch hin bereit erklärt, bei gedachtem Experiment mitzuwirken. Ich traf sie innerhalb der zeitlich-räumlichen Verhältnisse von Studio 5 und freute mich sehr, sie zu erkennen. Entsprechend gut gelaunt erklärte ich ihr, worum es ging: „Ich möchte, dass Sie nicht in ein Mikrofon und auch nicht in einen Lautsprecher singen, sondern in eine Glühbirne.“

Die Sängerin bedachte mich mit einem ungläubigen Blick, tat mir aber trotzdem den Gefallen. Sie sang, auf dem Mischpult stehend, eine von mir komponierte Ballade mit dem Titel „Hier kommen die Ponys“ in eine 60-Watt-Glühbirne, die ich in die Fassung der Deckenlampe geschraubt hatte. Vom Ergebnis waren wir alle enttäuscht.

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