: PatientInnen müssen auf Beistand warten
schutz Seit Anfang des Jahres sind Niedersachsens Krankenhäuser dazu verpflichtet PatientenfürsprecherInnen zu benennen. Dazu sehen sich die meisten Kliniken nicht in der Lage: Das Land müsse mithelfen. Die Gesundheitsministerin wundert sich
von Anna Gröhn
Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) hat die zögerliche Einführung der PatientenfürsprecherInnen in den Krankenhäusern kritisiert. Seit 1. Januar sind rund 190 Kliniken im Land dazu verpflichtet, solche ehrenamtlichen FürsprecherInnen in ihren Alltag zu integrieren. „Aber nur bei knapp der Hälfte der Häuser ist das bis jetzt erfolgt“, sagte Rundt der taz.
Vor gut einem Jahr ist der Delmenhorster Krankenpfleger Niels H. wegen der Ermordung zahlreicher PatientInnen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Den Fall nahm die rot-grüne Regierungskoalition in Niedersachsen zum Anlass, das Krankenhausgesetz zu ändern. So sollen die PatientInnen gestärkt werden – unter anderem durch die Installation der von den Kliniken unabhängigen FürsprecherInnen. Dafür erhielten die Krankenhäusern eine Übergangsfrist von sechs Wochen. „Allerdings war sicherlich nicht überall spontan jemand für das Amt zu finden“, vermutet die Ministerin.
Die Kliniken seien von der Regierung im Stich gelassen worden, sagt Helge Engelke, Direktor der Krankenhausgesellschaft Niedersachsen, in der die Kliniken im Land zusammengeschlossen sind. Viele Häuser hätten auf die angekündigten Handlungsempfehlungen des Ministeriums gewartet – bisher vergeblich. Ohne Handreichung zu den geplanten Aufgaben wiederum, beklagen etliche Kliniken, sei es schwierig geeignete Personen zu finden. Auch die Gesetzesänderung sei zu vage formuliert und zu schnell eingeführt worden, sagt Engelke. Diese Unsicherheit habe die Kliniken handlungsunfähig gemacht.
Bei der nächsten Änderung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) sollen gesetzlich verankert werden:
eine Arzneimittelkommission, welche eine sichere und effiziente Anwendung von Arzneimitteln verfolgen soll
ein Critical Incident Reporting System, in dem anonym Fehler im Haus gemeldet werden können
ein Whistleblowing-System, in dem kritische Zwischenfälle zeitnah, anonym und Krankenhaus intern gemeldet werden können
regelmäßige Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzender Häuser.
Rundt weist die Vorwürfe zurück: „Der Gesetzestext macht viele Optionen möglich. Die Krankenhäuser sind bei der Auswahl der PatientenfürsprecherInnen sehr frei. Ich hoffe, dass sie mit dieser Freiheit auch umgehen können.“
Auch in anderen Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen, sind die Krankenhäuser zur Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle verpflichtet. Das Amt muss jedoch nicht notwendigerweise einE PatientenfürsprecherIn bekleiden. Zumindest liegen aber entsprechende Handlungsempfehlungen vor. Bleibt also die Frage, warum das Land Niedersachsen diese nicht einfach per Copy and Paste übernimmt.
Spätestens der künftige Landesbeauftragte für Patientenschutz wird die Unstimmigkeiten beheben müssen. Dieses Amt zu schaffen, hat die Hannoversche Landesregierung im Januar beschlossen; dafür soll eine Stabsstelle im Ministerium entstehen. Im Konfliktfall soll es zwischen Krankenhäusern, Regierung und PatientInnen vermitteln. „Der Patientenschutzbeauftragte wird die endgültigen Handlungsempfehlungen herausarbeiten“, sagt Rundt. Zudem ginge es auch um die Koordination der FürsprecherInnen. „Deren Erfahrungen in den Krankenhäusern wird der Beauftragte zusammenstellen, bewerten und dem Landtag in einem Bericht zur Verfügung stellen.“
Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD)
Ziel sei es zu erkennen, wo PatientInnen besondere Schwierigkeiten hätten zu ihrem Recht zu kommen, sagt Rundt. „Diese Systemprobleme im Gesundheitswesen gilt es zu beheben.“ So gebe es immer wieder Probleme in der Heilmittelversorgung. „Über die Patientenfürsprecher können wir detailliert erfahren, an welchen Stellen es etwa wiederholt zu Ablehnungen kommt.“
Noch ist das Ministerium auf der Suche nach eineR geeigneten KandidatIn. Anders als andere Stabsstellen im Land, solle diese allerdings „kein politischer Spielball werden“, sagt die Ministerin. Daher werde das Amt mit einer neutralen Person besetzt. Die endgültige Entscheidung werde aber noch „ein paar Wochen dauern“.
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