: Das Kontor ist kein Kartell
Milchmarkt Das Deutsche Milchkontor aus Bremen darf weiter wachsen: Europäische Wettbewerbshüter akzeptieren ohne Auflagen, dass Deutschlands größte Molkerei niederländische Käsefabrikanten schluckt
Ohne Auflagen hat die europäische Kommission in Brüssel genehmigt, dass das Deutsche Milchkontor (DMK), Deutschlands größtes Molkereiunternehmen, die auf Käseherstellung spezialisierte Drents-Overijsselse Coöperatie Kaas (DOC Kaas) aus Hoogeveen in der Provinz Drente schluckt. Nach dieser kartellrechtlichen Entscheidung soll der „Zusammenschluss“ nun „mit Wirkung zum 1. April 2016“ vollzogen werden, teilte die DMK-Zentrale in Bremen am Freitag mit. „Die Entscheidung bestätigt die wettbewerbliche Einschätzung“, sagte Josef Schwaiger, Sprecher der Geschäftsführung. Er setzt damit den seit Jahren verfolgten Einkaufskurs des DMK fort und verwirklicht die bereits vor sechs Jahren angestrebte Invasion in die Niederlande.
Damals war die Übernahme von DOC noch an deren Mitgliedern gescheitert: Das Zusammengehen mit den Deutschen fand nicht die nötige Zwei drittelmehrheit der Genossenschaft. Auch vergangenen April noch hatten mehrere niederländische Molkerei-Unternehmen versucht, die DOC Kaas im Lande zu halten: So hatte die junge Delta Milk-Genossenschaft ein Partnerschaftsangebot vorgelegt – und den Milchviehhaltern versprochen, stets mindestens einen Cent pro Liter mehr zu zahlen als die Deutschen. Doch vergeblich: Ende Mai stimmten 95 Prozent der DOC-Milchbauern für die Fusion.
„Die Bündelung der Kräfte versetzt uns besser in die Lage, den Interessen der Anteilseigner zu entsprechen“, erklärte der DOC-Vorstands-Chef Arjan Schimmel. Der Zusammenschluss solle die Wettbewerbsfähigkeit stärken, so Schwaiger. Das komme „nicht nur der Milchwirtschaft in Deutschland und den Niederlanden zugute“, sondern verbessere auch „die Stellung der europäischen Milchindustrie am Weltmarkt“. Für die Industrie mag das stimmen. Für die Produzenten eher nicht: Seit sich die europäischen Molkereiriesen, die rund ein Drittel der dort gehandelten Menge auf den Weltmarkt schütten, aufs Exportgeschäft konzentrieren, leiden die Erzeugerpreise, darauf verweisen kritische Agrarverbände wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter: „Ich wüsste nicht, wo die Konzentration den Bauern etwas nutzen könnte“, sagte dessen niedersächsische Teamleiterin Johanna Böse-Hartje der taz. „Im Gegenteil: In Dänemark ist die Konzentration in Europa am höchsten – und das Gleiche gilt für die Verschuldung der Milchbauern.“ Auch das DMK verharre mit seinen Auszahlungspreisen „so weit am unteren Ende“, dass es fast den Anschein habe, als ginge es darum, die kleinen Betriebe zu ruinieren, zugunsten von großen Einheiten. „Bei Ställen mit 500 Kühen und mehr ist der Tankwagen schnell voll“, so Böse-Hartje.
Das DMK verarbeitet jährlich rund 6,8 Milliarden Kilo Milch an 17 Molkerei-Standorten. DOC produziert aus etwa einer Milliarde Kilo Milch Käse. Als 100-prozentige Tochter der DMK soll DOC seine genossenschaftliche Struktur behalten dürfen. Zudem wird den Niederländern wohl ein Sitz im Aufsichtsrat des DMK zustehen. bes
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