Dass der Wechsel von einem Lebensmodell in ein anderes nicht unbedingt Segen bringt, das müssen Erik (Ulrich Thomsen) und Anna (Trine Dyrholm) in Thomas Vinterbergs Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „Kollektivet“ erfahren. Am Anfang steht eine zunächst harmlos wirkende Anmerkung Annas.
Als beide, die bekannte Nachrichtensprecherin und der Architekturdozent, über ihre Zukunft sprechen – demnächst soll das große 450-Quadratmeter-Haus aus Eriks Familienbesitz bezogen werden –, bemerkt sie: „Aber es ist, als hätte ich alles schon einmal gehört.“
Gemeint ist die warme Routine, die sich über die Jahre zwischen den beiden entwickelt hat, die zudem eine pubertierende Tochter, Freja (Martha Sofie Wallstrøm Hansen), großziehen. Sie scheint zu stimmen, die Partnerschaft, doch Anna sehnt sich nach anderen Menschen, nach Inspiration und Unkonventionellem.
Und die Zeit spielt ihrem Wunsch entgegen. Vinterberg (“Das Fest“, „Die Jagd“), bekannt seit Gründung des Dogma-Zirkels, verlegt sein Kommunendrama – vielleicht trifft es „Familien-“ oder „Ehedrama“ sogar besser – in die siebzige Jahre. Die Idee, Fremde, Alleinstehende, Freunde und Paare in die Villa einziehen zu lassen, wirkt zwar auch für den eher bürgerlich programmierten Erik ungewohnt, doch lässt er es auf einen Versuch ankommen.
Berlinale 2016
Der „Goldene Bär für den besten Film“ ging an „Fuocoammare“. Der Preis ist ist die höchste Auszeichnung der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. „Fuocoammare“ hält das Leben der Menschen auf Lampedusa fest. Er wurde erstmals am 13. Februar im Wettbewerb der Berlinale gezeigt.
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Blitzlichtgewitter, ein selbstfahrendes Auto und jede Menge Stars – das war die Berlinale 2016. Am Sonntag geht sie zu Ende.
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Silberne Bären bekamen Majd Mastoura als „Bester Darsteller“ in „Inhebbek Hedi“ und Trine Dyrholm als „Beste Darstellerin“ in „Kollektivet“ (v.l.). Außerdem erhielt Danis Tanovic den „Silbernen Bären Großer Preis der Jury“ für seinen Film „Smrt u Sarajevu“. Der „Silberne Bär Alfred-Bauer-Preis“ ging an den Film „Hele Sa Hiwagang Hapis“ von Lav Diaz.
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Preisträgerin Mia Hansen-Love ist glücklich über ihren Silbernen Bären für die beste Regie von „L'avenir“. Auch Tomasz Wasilewski erhielt einen für das Beste Drehbuch von „United States of Love“. Auch Mark Lee Ping-Bing konnte sich glücklich schätzen: Er erhielt einen „Silbernen Bären für eine Herausragende Künstlerische Leistung“ in „Crosscurrent“.
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Kameramann Michael Ballhaus hat den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk bekommen. Sein Markenzeichen: 360-Grad-Kamerafahrten. Bei der Preisverleihung wurde auch „Gangs of New York“ mit Leonardo DiCaprio und Cameron Diaz gezeigt.
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Meryl Streep erhielt 2012 auch einen Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Die dreifache Oscar-Gewinnerin war in diesem Jahr die Präsidentin der internationalen Jury. Diese verleiht den Goldenen und den Silbernen Bären der Berlinale. Die US-Schauspielerin ist derzeit im Film „Suffragette“ zu sehen.
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Nur durch seine bloße Anwesenheit stach George Clooney bei der Eröffnung der Berlinale am 11. Februar hervor. Selfies mit Fans zu machen gehört zur Berlinale einfach dazu. Clooney spielt die Hauptrolle im Film „Hail, Caesar!“ und zeigte sich mit seiner Frau Amal Alamuddin auf dem Roten Teppich. Am 12. Februar sprach er mit Kanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingskrise.
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In „Hail, Caesar!“ mimt George Clooney den Hollywoodstar Baird Whitlock. Der Film von den Coen-Brüdern entführt den Zuschauer in eines der großen Filmstudios im Hollywood der frühen Fünfzigerjahre. 2011 eröffneten die Coens bereits mit „True Grit“ die Berlinale. „Hail, Caesar!“ ist seit dem 18. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
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Der deutsche Filmstar Daniel Brühl erregte ebenfalls Aufsehen, als er zur Eröffnungsgala der Berlinale in einem selbstfahrenden Auto erschien. Zudem spielt er im Berlinale-Film „Alone in Berlin“ einen Kommissar, der die Herkunft von Anti-Hitler Postkarten aufdecken soll. Mit Emma Watson ist Brühl abseits der Berlinale auch im Kinofilm „Colonia Dignidad“ zu sehen.
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Der Künstler Ai Weiwei hat am 13. Februar das Berliner Konzerthaus mit Rettungswesten von der griechischen Insel Lesbos einkleiden lassen. Damit will er auf die Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht nach Europa ertrunken sind, aufmerksam machen. Ai Weiwei ist Ehrenpräsident des „Cinema for Peace“, das zeitgleich zur Berlinale stattfand.
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Der einzige deutsche Film im Wettbewerb heißt „24 Wochen“. Was macht ein Paar, bei dessen ungeborenem Kind Trisomie 21 diagnostiziert wird?
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Außerdem war im Wettbewerb: der Film „Chang Jiang Tu“. Kapitän Gao Chun fährt mit seinem Frachter auf dem chinesischen Jangtse flussaufwärts. Er soll die Seele seines verstorbenen Vaters befreien und ist gleichzeitig auf der Suche nach der großen Liebe. Der Film ist am 21. Februar im Haus der Berliner Festspiele zu sehen.
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Johnny Oritz ist erst 19 Jahre alt und hat bereits seine erste Hauptrolle im Film „Soy Nero“, der im Wettbewerb gezeigt wurde. Darin verkörpert er den mexikanischen Jungen Nero, der US-Bürger werden will. Oritz hat eine besondere Verbindung zum Thema: Seine Familie ist auch in die USA migriert.
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Der Schauspieler Gérard Depardieu bewarb am Freitag „Saint Amour“. Der Film gewann keinen Bären, er lief außer Konkurrenz.
reuters
Schnell ist eine neue, beinahe paradiesische Ordnung etabliert. Vinterberg zeigt sympathische Freigeister beim gemeinschaftlichen Einkauf in Kopenhagener Straßen, bei großen Abendessen, bei „Wie geht es dir?“-Runden und beim gemeinsamen Nacktbaden.
Nur dezent webt der dänische Regisseur Elemente ein, die von der Fragilität der Kommune künden. Sie geht vor allem von dem Gründerpaar aus. Anna lässt Kontaktversuche Eriks unbeantwortet, man beginnt, sich aus den Augen zu verlieren.
Plötzlich tritt Emma (Helene Reingaard Neumann) in Eriks Leben – mit den Worten: „Ich kann sehen, wer du bist. Und den mag ich.“ Emma ist seine 24-jährige Studentin. Nun ist es an Anna, die von Erik stillschweigend eingeforderte Toleranz zu erwidern. Der Bruch, den Vinterberg sehr subtil bereits zu Beginn von „Kollektivet“ angelegt hat, tritt jetzt offen zutage
Kollektivet bei der Berlinale
18. 2., 9.30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele, 18. 2., 12.15 Uhr, 17.30 Uhr und 21. 2., 14.30 Uhr, Friedrichstadtpalast
Es ist sein besonderes Gespür für Eskalationen, das Thomas Vinterberg, im Übrigen auch für das Drehbuch verantwortlich, bereits in früheren Filmen bewiesen hat, und das in „Kollektivet“ den Raum bekommt, den der Zusammenbruch eines Traums benötigt. Wie der Traum lautet? „Es soll allen möglich sein, gut in diesem Haus zu leben.“ So zumindest Annas Anspruch, den die Wirklichkeit nicht erlaubt.
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