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Aufschwung der Berliner Afd„Die AfD punktet in vielen Milieus“

Die Partei kommt bei denen an, die klare Ressentiments gegen Ausländer haben, sagt Parteienforscher Carsten Koschmieder.

Berliner AfD-Landeschefin Beatrix von Storch auf Überzeugungstour in Neubrandenburg Foto: dpa
Malene Gürgen
Interview von Malene Gürgen

taz: Herr Koschmieder, auch die Berliner AfD ist nun deutlich nach rechts gerückt. Eine gute Idee in einer als liberal geltenden Stadt wie Berlin?

Carsten Koschmieder: Leider ja. Es stimmt zwar, dass viele Menschen in Berlin eine eher liberale Einstellung haben, auch die Ausländerfeindlichkeit ist hier geringer als beispielsweise in Sachsen – einfach, weil die Leute in ihrem alltäglichen Leben mehr Kontakt mit Migranten haben. Aber die AfD zielt ja nicht darauf ab, bei den Wahlen die Mehrheit zu erringen. Sie will gar nicht diejenigen ansprechen, die in Kreuzberg die Grünen wählen oder in Neukölln die SPD, sondern sie hat eine klare Zielgruppe, der sie ein Angebot macht: den Berlinerinnen, die klare Ressentiments gegen Ausländer haben. Das ist eine Minderheit, aber durchaus eine im zweistelligen Prozentbereich.

Der bisherige Landesvorstand gehörte eher dem wirtschaftsliberalen AfD-Flügel an – er hätte dem Erfolg der Partei in Berlin geschadet?

Zum einen verfangen wirtschaftsliberale Themen, also etwa Steuersenkungen und Arbeitsmarktliberalisierung, generell auf Landesebene weniger. Zum anderen war seit der Kursänderung der Bundespartei im Sommer klar, dass der Landesverband da mitziehen muss. Sich mit einer Frauke Petry als Parteichefin hier in Berlin hinzustellen und weiter darauf zu beharren, man sei in erster Linie eine wirtschaftsliberale Partei – das hätte einfach nicht funktioniert.

Im Interview2Inews: Carsten Koschmieder

32, ist Parteien- und Wahlforscher an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Phänomen der Anti-Establishment-Parteien, insbesondere Piratenpartei und AfD.

Momentan legt die AfD in Berlin zu, in der aktuellen Forsa-Umfrage liegt sie bei 7 Prozent. Ist denn mit einem Ende dieses Aufwärtstrends zu rechnen?

Dafür gibt es wenig Anzeichen. Der Erfolg der AfD hängt ganz entscheidend von einem Faktor ab, nämlich davon, wie bestimmend das Thema Flüchtlinge ist. So lange vor allem darüber geredet wird und so lange die AfD bei diesem Thema Medienaufmerksamkeit bekommt, werden auch ihre Umfragewerte weiter steigen. Natürlich nicht ins Unendliche, auch in Berlin hat ihr Wählerpotenzial eine Grenze – nur kann gerade niemand genau sagen, wo das liegt. Momentan gibt es auch in Berlin wenige Anzeichen dafür, dass Flüchtlinge als bestimmendes Thema abgelöst werden, und damit ist auch nicht abzusehen, dass sich der Aufwärtstrend der AfD so bald umkehrt.

Zu Berliner Themen hat sich die Partei bisher kaum geäußert. Erwarten ihre WählerInnen das gar nicht?

Eher nicht. Die AfD wird in Berlin nicht gewählt werden, weil man ihr besondere landespolitische Kompetenz zuschreibt. Wenn sie ihr Programm zu konkret ausbuchstabiert, tut sie sich damit keinen Gefallen, weil man sie dann darauf festnageln kann. Das gilt für alle Oppositionsparteien. Aber für die AfD, von der ihre Wählerinnen sagen, dass sie sie nicht deswegen wählen, weil sie Probleme löst, sondern weil sie Probleme benennt, gilt das ganz besonders.

Ist abzusehen, welche Parteien besonders an die AfD verlieren werden?

Die bisherigen Umfragen legen nahe, dass besonders unzufriedene Konservative, die bisher CDU gewählt haben, zur AfD wechseln. Aber die ausländerfeindlichen Ansichten der AfD sind in allen Milieus und Wählerschaften anschlussfähig, ausgenommen vielleicht die Grünen, deren stark libertär eingestellte Wählerinnen mit der autoritären Haltung der AfD wenig anfangen können. Besonders viel wird die AfD hingegen bei der Wählerschaft der Piraten abgreifen können, weil dort viele Unzufriedene sind, die nicht an eine der etablierten Parteien gebunden sind.

Dieses Interview ist Teil des aktuellen Themenschwerpunkts in der taz.Berlin am Wochenende. Dort außerdem: Eine Analyse, wie die anderen Parteien mit der AfD im Wahlkampf umgehen wollen.

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